Bischöfin Käßmann kritisiert Ladenöffnung am Sonntag

Berlin (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat sich deutlich gegen verkaufsoffene Sonntage ausgesprochen. "Wir brauchen einen Rhythmus von Arbeits- und Feiertagen, damit unsere Gesellschaft nicht einem kollektiven Burn-out unterliegt", heißt es in einem Beitrag der hannoverschen Landesbischöfin für die Wochenendausgabe der Berliner "tageszeitung" (taz) . Zwar müssten auch jetzt viele Menschen am Sonntag arbeiten wie in Krankenhäusern, Altenheimen oder bei der Feuerwehr. "Aber bei den Ladenöffnungszeiten haben wir die Wahl."

Hintergrund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Berliner Ladenöffnungsgesetz, das am Dienstag (1. Dezember) erwartet wird. Nach der seit 2006 geltenden Regelung dürfen in Berlin die Geschäfte an bis zu zehn Sonntagen öffnen, darunter an allen vier Adventssonntagen von 13 bis 20 Uhr. Dagegen hatten die evangelische und katholische Kirche geklagt.

Käßmann: "Wenn wir die Sonntage den Alltagen gleich machen und alle Geschäfte öffnen, dann gibt es nur noch den Gleichklang von sieben Werktagen." Die Gesellschaft lebe davon, dass Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen Zeit miteinander verbringen können: im Gottesdienst, bei Aktivitäten im Sportverein, bei Dorf- und Stadtteilfesten, bei Kulturveranstaltungen, fügte die Repräsentantin von rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland hinzu.

28. November 2009

Der Beitrag von Margot Käßmann in der SonnTaz vom 29. November im Wortlaut:

Der Sonntag ist eine heilsame Unterbrechung des Alltags. Wir brauchen eine solche Unterbrechung all des Rennens, Besorgens und Schaffens, wir brauchen einen Rhythmus  von Arbeits- und Feiertagen, damit unsere Gesellschaft nicht einem kollektiven Burn-out unterliegt.

Wenn wir die Sonntage dem Alltag gleichmachen und alle Geschäfte öffnen, dann gibt es nur noch den Gleichklang von sieben Werktagen. Auch jetzt müssen viele Menschen am Sonntag arbeiten: in den Krankenhäusern und Altenheimen, bei der Feuerwehr, in den Verkehrsbetrieben und Ähnlichem. Aber bei den Ladenöffnungszeiten haben wir die Wahl.

Unsere Gesellschaft lebt auch davon, dass Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen Zeit miteinander verbringen können: im Gottesdienst, bei Aktivitäten im Sportverein, bei Dorf- und Stadtteilfesten, bei Kulturveranstaltungen. Deswegen setzt sich die evangelische Kirche dafür ein, dass möglichst viele Menschen sagen können: Gott sei Dank – es ist Sonntag.


Karlsruhe verkündet am Dienstag Urteil zu Ladenöffnungszeiten

Karlsruhe (epd). Das Bundesverfassungsgericht verkündet am Dienstag (1. Dezember) sein Urteil über die Verfassungsbeschwerden zum Berliner Ladenöffnungsgesetz. Nach der seit 2006 geltenden Regelung dürfen in Berlin die Geschäfte an bis zu zehn Sonntagen öffnen, darunter an allen vier Adventssonntagen von 13 bis 20 Uhr. Dagegen hatten die evangelische und katholische Kirche geklagt.

Weniger weitreichend als in Berlin sind die Vorschriften der anderen Bundesländer, wo Läden nur an drei bis sechs Sonntagen öffnen dürfen. Seit der Föderalismusreform 2006 ist dies Ländersache. Ausnahmen gibt es beispielsweise in Kur-, Tourismus- und Wallfahrtsorten. So erlaubt etwa die Bäderverordnung Schleswig-Holstein eine Ladenöffnung an mehr als 40 Sonntagen im Jahr.

Nach den Worten des Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier geht es um die Grundsatzfrage "nach den verfassungsrechtlichen Grenzen der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen". In Artikel 140 des Grundgesetzes heißt es: "Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt."

Der frühere EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Altbischof Wolfgang Huber hatte erklärt, der "Tag der kollektiven Arbeitsunterbrechung" sei ein wichtiges Element der Lebenskultur und habe eine Jahrtausende alte, umfassende Tradition. Unterstützung erhielten die Kirchen von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die jedoch nicht selbst geklagt hat.

28. November 2009