EKD-Tagung für vorurteilsfreien Umgang mit neuen Medien

Berlin (epd). Erwachsene müssen sich nach Ansicht von Experten intensiver und vorurteilsfreier mit der Mediennutzung Jugendlicher beschäftigen. Darin waren sich die Teilnehmer einer Fachtagung zu Jungen, Medien und Gewalt am Dienstag in Berlin einig. "Erst wenn sich Eltern oder Lehrer mit den Medien der Jugendlichen vertraut machen, können sie nachvollziehen, was die Kinder daran fasziniert und können auch gegensteuern", sagte Uli Boldt, Lehrer im Hochschuldienst an der Universität Bielefeld. Diejenigen, die Regeln aufstellten, begriffen häufig nicht, in welchen Medienwelten sich Jugendliche bewegten, kritisierte Ibrahim Mazari von Turtle Entertainment, die die größte Liga für Computerspieler in Europa betreiben.

Die Fachtagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) befasste sich mit dem Thema "Identität Krieger? - Junge Männer in mediatisierten Themenwelten". "Uns interessiert, warum mediale Gewalt gerade junge Männer fasziniert und welche Einflussmöglichkeiten Medienanbieter, Elternhaus oder Schule haben", sagte Udo Hahn, Leiter des Referates Medien und Publizistik im Kirchenamt der EKD. Fernsehen, Videos und Computerspiele würden meist schnell als Verursacher gewalttätigen Verhaltens ausgemacht. Diese Erklärungsmuster seien jedoch zu simpel, einfache Kausalzusammenhänge gebe es hier nicht.

Boldt appellierte an Schulen und Lehrer, die Medienwelten der Jugendlichen aufzugreifen und sie dort abzuholen. Soziales Engagement könnten die Kinder nur abseits der neuen Medien lernen, wie in der Familie oder in Vereinen. Gerade leistungsschwache Kinder ohne familiären Rückhalt suchten ihre Bestätigung zunehmend bei Computerspielen.

Besonders gefährdet seien Jungen aus bildungsfernen Schichten, die zwischen dem in den Medien vermittelten Bild des Kriegers und der Realität nicht mehr unterscheiden könnten, sagte Roland Rosenstock, Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Greifswald. Bei Ohnmachtserfahrungen der Kinder könne eine Vermischung von medialem Bild und Realität zu gewalttätigem Handeln führen.

Im Gegensatz zu Mädchen hätten Jungen weniger Rollenbilder zur Auswahl. Zudem fehle es in der Familie und der Schule an männlichen Vorbildern, so dass sich die Jugendlichen mediale Identifikationsfiguren suchten. "Väter müssen sich in der Erziehung stärker einbringen", sagte Rosenstock. Schulen müssten zudem Gewaltprävention anbieten und den Jugendlichen verdeutlichen, dass sich Konflikte auch ohne Gewalt lösen ließen.

02. Dezember 2009