Merkel würdigt Ladenschluss-Urteil

Käßmann fordert Achtung von Gotteshäusern aller Religionen

Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Ladenschluss-Urteil des Bundesverfassungsgerichts positiv gewürdigt. Es habe deutlich gemacht, "was die Prägung unserer Gesellschaft ausmacht", sagte Merkel am Donnerstagabend in Berlin anlässlich der Vorstellung des neuen Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der Sonntagsschutz verweise auf die langen Linien und Traditionen, "aus denen wir Kraft schöpfen".

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag das Berliner Ladenschlussgesetz teilweise gekippt. Die Öffnung der Geschäfte an allen vier Adventssonntagen wurde als verfassungswidrig eingestuft. Gegen das Gesetz hatten die beiden großen Kirchen geklagt.

Die Kanzlerin dankte dem bisherigen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber. Die neue Ratsvorsitzende Margot Käßmann werde die evangelische Kirche auf Trab halten und "die anderen gleich mit", prognostizierte Merkel. "Das tut uns gut." Sie setze auf die kreativen Ideen Käßmanns und ihre unkonventionellen Wege.

In einem Festakt in der Französischen Friedrichstadtkirche hatte sich Käßmann zuvor zum Schweizer Referendum gegen den Minarettbau geäußert. Gotteshäuser seien zu achten, sagte die hannoversche Landesbischöfin. Sie nicht zu respektieren, bedeute auch, die Menschen nicht zu respektieren. Käßmann steht seit Ende Oktober an der Spitze der 25 Millionen Protestanten in Deutschland.

Bei einer Volksabstimmung am vergangenen Sonntag hatten 57,5 Prozent der Schweizer für ein Bauverbot für Minarette in der Verfassung gestimmt. Eine Gruppe rechtsnationaler Politiker hatte die Initiative gestartet.

Das Referendum habe gezeigt, dass ein "offener, klarer, in gut nachbarschaftlichem Geist geführter Dialog zwischen den Religionen" dringend notwendig sei, sagte Käßmann. Das Recht der freien Religionsausübung gelte für alle gleichermaßen.

Käßmann bezeichnete es als zentrale Aufgabe der EKD, für den Schutz und die Entfaltung der Menschenrechte und damit für ein weltweites Zusammenleben in Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten. Angehörige religiöser Minderheiten litten unter massiver Bedrängnis. Deshalb werde die EKD im kommenden Jahr erstmals einen "Tag der verfolgten Christen" begehen.

Beim Festakt zur Vorstellung des neuen Rates und zur Verabschiedung der bisherigen Ratsmitglieder warb der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, dafür, dass sich beide großen Kirchen weiter gemeinsam gesellschaftlich einmischen. Christen müssten sich für die Grundlagen eines guten und lebenswerten menschlichen Miteinanders in der heutigen Gesellschaft und für die künftigen Generationen einsetzen. "Mischen wir uns ein! Schämen wir uns nicht, Christ zu sein!" sagte er.

Der neue Rat der EKD wurde Ende Oktober bei der EKD-Synode in Ulm gewählt. Er hat derzeit 14 Mitglieder. Die Präses der Synode, Katrin Göring-Eckardt, gehört dem Rat automatisch durch ihr Amt an. Ein Platz blieb unbesetzt, weil sich für keinen der verbliebenen Kandidaten eine ausreichende Mehrheit fand. Die Nachwahl soll bei der Synode im November 2010 erfolgen. Dem Rat gehören leitende Geistliche und Theologen aus den Landeskirchen sowie Laien an.

04. Dezember 2009

Pressemitteilung der EKD

Ansprache der EKD-Ratsvorsitzenden im Wortlaut