Diakonie begrüßt Karlsruher Urteil zu Hartz IV

Karlsruhe (epd). Die Diakonie hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen für Kinder begrüßt. "Das Bundesverfassungsgericht hat damit die Auffassung der Diakonie bestätigt, dass die gegenwärtige Regelung an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen vorbeigeht. Die vom Grundgesetz garantierte Existenzsicherung ist nicht verwirklicht", erklärte Diakonie-Präsident Klaus-Dieter Kottnik am Dienstag nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe.

Jetzt müsse der Gesetzgeber schnellstmöglich handeln. "Es ist nicht hinzunehmen, dass mehr als 1,7 Millionen Kinder in Deutschland keine ausreichenden Hilfen bekommen", betonte Kottnik.

Die Diakonie begrüßt außerdem die weitergehende Entscheidung des Gerichts, wonach auch die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene gegen das Grundgesetz verstößt. Das höchste deutsche Gericht verpflichtet in seinem Urteil den Gesetzgeber, bis Jahresende die bisherige Berechnung zu überprüfen und eine neue Grundlage zu schaffen.

Die bisherige Methode sei nicht geeignet, um bedarfsgerechte Hartz-IV-Regelsätze zu berechnen, kommentierte Kottnik das Urteil. Bisher gebe es in Deutschland keinen Konsens darüber, wo das Existenzminimum tatsächlich liege. "Für eine wirklich fachlich fundierte Neuregelung ist unseres Erachtens eine umfassende wissenschaftliche Expertise notwendig", sagte Diakonie-Präsident Kottnik.

Um das Armutsrisiko für Familien zu verringern, müssen die neuberechneten Kinderregelsätze nach Ansicht der Diakonie durch einen umfassenden Ausbau der Infrastruktur begleitet werden. Dazu gehöre unter anderem ein kostenfreies Mittagsessen in Kindertageseinrichtungen und Schulen sowie kostenfreie außerschulische Bildungsangebote. "Wir müssen verhindern, dass Armut in Deutschland weiter vererbt wird und ganze Bevölkerungsgruppen in Ausgrenzung leben", sagte der Diakonie-Präsident.

09. Februar 2010


Landesbischof Weber begrüßt Karlsruher Urteil zu Hartz IV

Braunschweig (epd). Der braunschweigische evangelische Landesbischof Friedrich Weber hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze begrüßt. Gerade die gesellschaftliche Teilhabe der Kinder, mit der das Urteil begründet werde, sei in letzter Zeit immer wieder von den Kirchen gefordert worden, sagte Weber als Vorsitzender des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen am Dienstag. Die Karlsruher Richter zeigten "einen guten Weg" auf.

Das Verfassungsgericht hatte am Vormittag entschieden, dass die staatlichen Leistungen für die 6,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland grundlegend neu berechnet werden müssen. Das bisherige Berechnungsverfahren für Kinder, aber auch für Erwachsene gewährleiste nicht das Recht auf ein "menschenwürdiges Existenzminimum", erklärte Präsident Hans-Jürgen Papier in der Urteilsbegründung. Das Existenzminimum müsse auch eine Mindesteilnahme von Leistungsempfängern am gesellschaftlichen Leben berücksichtigen.

Weber sagte, die Folgen der bisherigen niedrigen Regelsätze seien der Weg in die Armut sowie Ausgrenzung und Isolierung junger Menschen bis hin zum Abgleiten in Kriminalität. Der Bischof hatte unter anderem zum Jahreswechsel vor einer "sozialen Vererbung von Armut" gewarnt.

09. Februar 2010