EKD-Ratsvorsitzender kritisiert "zerstörerische Maßlosigkeit" in der Wirtschaft

Rabbiner und Vertreter der Kirchen tagten gemeinsam in Augsburg

Augsburg (epd). Das Gewinnstreben einiger Unternehmen hat nach Ansicht des amtierenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, eine "zerstörerische Maßlosigkeit" angenommen. In einer Rede vor Rabbinern und Kirchenvertretern am Montagabend in Augsburg über die Herausforderungen der Wirtschaftkrise beklagte Schneider den Zwang, Gewinne zu maximieren. Er forderte daher internationale Einschränkungen der Gewinnmaximierung. Es sollte eine "Erziehung zum Maßhalten" geben.

Der Präses der rheinischen Landeskirche warnte zudem vor zusätzlichem Druck auf die Sozialsysteme. Das Vertrauen der Menschen darin sei bereits erschüttert. Soziale Ungerechtigkeit sei ethisch verwerflich, sozial explosiv und ökonomisch kontraproduktiv, sagte Schneider bei dem Treffen anlässlich der "Woche der Brüderlichkeit".

Auch der Kölner Rabbiner Jaron Engelmayer betonte, dass die Jahrtausende alten biblischen Maßstäbe helfen könnten, Wege aus der Krise zu finden. "Die Stimme der Religion ist gefragt", sagte der Vertreter der orthodoxen Rabbinerkonferenz. Der Augsburger Rabbiner Henry Brandt sagte, es gehe in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise um eine tiefer sitzende und weit verbreitete Malaise der Gesellschaft.

Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff forderte, dass die Kirchen ihre ethischen Überzeugungen "in die säkularen Sprachen von Politik, Recht und Wirtschaft" übersetzen müssten. Eine dauerhafte Lösung der Wirtschaftskrise könne nur gefunden werden, wenn auch die Frage der Gerechtigkeit beantwortet sei.

Eine Begegnung zwischen den Kirchen und den Rabbinern in Deutschland fand erstmals 2006 in Berlin anlässlich der jüdisch-christlichen "Woche der Brüderlichkeit" statt. Die diesjährige Woche, die am Sonntag eröffnet wurde, steht unter dem Thema "Verlorene Maßstäbe".

09. März 2010

EKD-Pressemitteilung zur Tagung