EKD-Ratsvorsitzender fordert Hilfe für verschuldete Kommunen

Brüssel (epd). Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat mehr Hilfe für in Finanznot geratene Städte und Gemeinden gefordert. "Die Kommune ist der Ort, an dem Menschen die Demokratie erleben oder nicht erleben", sagte Schneider am Montagabend in Brüssel. EKD und Diakonie hatten dort gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Kommunen unter Druck" eingeladen. Die Teilnehmer debattierten über die schwierige Finanzlage vieler verschuldeter Städte, die sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise noch erheblich verschärft hat.

Schneider verlangte einen Entschuldungsplan für Kommunen und die Sicherung ihrer finanziellen Basis. "Das ist über die Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu regeln", sagte er. Als "Irrwitz" bezeichnete der Theologe die Probleme der Stadt Wuppertal, die von dem dortigen Kämmerer Johannes Slawig geschildert wurden. Die Stadt hatte sich um zehn Millionen Euro aus einem EU-Förderprogramm bemüht. Die Teilnahme scheiterte, weil Wuppertal wegen eines Vetos der Landesregierung den Eigenanteil von einer Million Euro nicht aufbringen konnte.

Wie der Wuppertaler Kämmerer berichtete, hatte die Stadt für 2009 ursprünglich ein Haushaltsdefizit von 120 Millionen Euro erwartet. Wegen der Finanzkrise verdoppelte sich der Fehlbetrag auf 230 Millionen - rund 20 Prozent des Haushaltsvolumens. Die Verschuldung der Stadt werde Ende des Jahres zwei Milliarden Euro betragen, sagte er. Mit Blick auf externe Aufsichtsinstanzen sprach Slawig von einem "Ende kommunaler Selbstverwaltung" und einem "großen Legitimationsproblem unseres politischen Systems".

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider war für die Veranstaltung zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt im Februar nach Brüssel gereist. Moderiert wurde die Debatte von Klaus-Dieter Kottnik, dem Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD. Wie Schneider und Kottnik wandte sich der Europaparlamentarier Sven Giegold (Grüne) vehement gegen die Steuersenkungs-Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung. Eine Steuersenkung wäre rechnerisch gar nicht möglich, sagte er. Vielmehr müsse die Einnahmeseite gestärkt werden. Die EU-Länder machten sich in Steuerfragen derzeit gegenseitig scharfe Konkurrenz, beklagte der Abgeordnete: "Das betrifft die Körperschaftssteuer, aber auch andere wichtige Steuern."

Für die EU-Kommission verwies Referatsleiterin Manuela Geleng darauf, dass die EU das Jahr 2010 zum Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung ausgerufen habe. Zudem habe die Kommission sich entschieden, innerhalb der neuen Zehn-Jahres-Strategie für Wachstum und Beschäftigung die soziale Komponente auszubauen. Die bisherige Strategie habe "den sozialen Teil total vergessen", sagte sie. Die neue Initiative werde ein gemeinsames Ziel zur Reduzierung der Armut enthalten, allerdings sei dessen Ausgestaltung noch umstritten.

27. April 2010