EKD-Beauftragter fordert schonungslose Afghanistan-Bilanz

Bremen (epd). Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, teilt die Einschätzung der großen Friedensforschungsinstitute zum deutschen Engagement in Afghanistan. Die Institute sehen in ihrem am Dienstag vorgelegten Friedensgutachten 2010 die deutsche Afghanistan-Politik als gescheitert an. "Das bestärkt mich in der Forderung nach einer schonungslosen Bestandsaufnahme", sagte Brahms dem epd. "Viele Jahre und Chancen für die Entwicklung des Landes wurden verschenkt, weil das Schwergewicht auf einer militärischen Lösung des Konflikts lag."

Auch wenn es etwa im Bereich der Bildung Fortschritte gegeben habe, so sei doch der zivile und der wirtschaftliche Aufbau des Landes vernachlässigt worden, kritisierte Brahms. "Nach wie vor fehlt ein international abgestimmtes Gesamtkonzept, das klare Ziele und Schritte benennt, dem sich alle beteiligten Staaten verpflichtet wissen und das eine Strategie zum Abzug beinhaltet."

Brahms unterstützt die Friedensforscher, die sich dafür einsetzen, die Verabredungen der Londoner Afghanistan-Konferenz im Januar zu einem Strategiewechsel am Hindukusch zu überprüfen. Dies müsse durch unabhängige afghanische und internationale Experten geschehen.

Das Gutachten zeige das Dilemma, in dem die deutsche Afghanistan-Politik stecke: "Der sofortige Rückzug ist ebenso wenig eine Option wie eine einfache Fortsetzung der bisherigen Politik." Das Zivile müsse genauso wie der Aufbau von Polizei und Staat Vorrang haben. Dabei müssten afghanische Strukturen und Traditionen berücksichtigt werden.

19. Mai 2010