Margot Käßmann von hannoverscher Landessynode verabschiedet

Hannover (epd). Die ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann ist am Mittwoch vom hannoverschen Kirchenparlament verabschiedet worden. Einer Mitarbeiter-Initiative, sie wieder ins Amt zurückzuholen, erteilte sie vor der Synode eine klare Absage: "Das würde nicht gutgehen", sagte sie: "Du kannst nicht in ein Amt zurückkehren, von dem Du selbst zurückgetreten bist." Nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss hatte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Ende Februar alle kirchlichen Leitungsämter niedergelegt.

Die Landeskirche und sie als Bischöfin hätten elf gute Jahre miteinander gehabt, sagte Käßmann. Vieles habe sie begeistert, manches auch belastet: "Auf jeden Fall habe ich gern meine Kraft in diese Zeit gegeben, mit Liebe und Leidenschaft für diese Kirche und mein Amt in ihr." Noch wisse sie nicht, wie es beruflich mit ihr weitergehe. Ende August wird Käßmann für vier Monate an die Emory-Universität in den Südosten der USA gehen.

Der Präsident des Landeskirchenamtes, Burkhard Guntau, sagte am Rande der Synode, die Landeskirche suche nach einer neuen Aufgabe für die ehemalige Bischöfin: "Klar ist, dass Frau Käßmann eine Aufgabe übernehmen wird, die ihren Fähigkeiten entsprechen wird." Näheres könne er noch nicht sagen. Eine neue Tätigkeit werde sich erst nach ihrer Rückkehr aus den USA ergeben. Das bisherige Stellenspektrum in der Landeskirche könne dies nicht abdecken.

Synodenpräsident Jürgen Schneider dankte Käßmann unter großem Applaus für ihren langjährigen Dienst. Sie habe der Kirche als Bischöfin ein frisches, junges und weibliches Gesicht gegeben. Das Profil sei durch sie lebendiger, kräftiger und schärfer geworden: "Und was immer Du in Zukunft tun wirst: Du bleibst die Bischöfin der Herzen - und das wirkt weit über Hannover hinaus", sagte Schneider.

02. Juni 2010

Die Abschiedsrede von Margot Käßmann

Video von der Verabschiedung Margot Käßmann


"Mit Liebe und Leidenschaft"

Die hannoversche Landessynode verabschiedet sich von ihrer ehemaligen Bischöfin Margot Käßmann

Von Ulrike Millhahn (epd)

Hannover (epd). Lange applaudieren die Kirchenparlamentarier an diesem Mittwochnachmittag ihrer ehemaligen Bischöfin. Soeben hat sich Margot Käßmann von ihrer Synode verabschiedet, die sie 1999 gewählt hat. Auf den Tag, ja auf die Stunde genau vor elf Jahren kam das Kirchenparlament der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland zusammen, um in einem dreitägigen Wahlkrimi seine neue Bischöfin zu bestimmen.

"Die hannoversche Landeskirche und ich als ihre Bischöfin hatten elf gute Jahre miteinander", sagt Käßmann, die an diesem Donnerstag 52 Jahre alt wird. Vieles habe sie begeistert, manches auch belastet: "Auf jeden Fall habe ich gern meine Kraft und Lebenszeit gegeben, mit Liebe und Leidenschaft für diese Kirche und mein Amt in ihr."

Der Initiative aus der Mitarbeitervertretung, sie erneut zur Bischöfin zu wählen, erteilt sie allerdings eine klare Absage: "Das war für mich überraschend und auch ein sehr persönliches Zeichen von Wertschätzung, Vertrauen und Zuneigung." Aber: "Du kannst nicht in ein Amt zurückkehren, von dem du selbst zurückgetreten bist." Nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss legte sie im Februar alle Leitungsämter nieder und zog sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Beim 2. Ökumenischen Kirchentag in München war sie Mitte Mai erstmals wieder aufgetreten und von Tausenden Menschen gefeiert worden.

Margot Käßmann fällt dieser Abschied nicht leicht. Das ist ihren Gesten und ihren Worten anzumerken: "Habe ich noch vor Monaten gedacht, ich würde in diesem Amt und dieser Stadt, die ich sehr liebgewonnen habe, alt werden, so sieht jetzt alles ganz anders aus." Wie genau, weiß im Moment noch nicht einmal sie selbst: "Ich packe ein, ohne zu wissen, wo ich auspacken werde." Dennoch sei es Zeit weiterzugehen. Nicht festzukleben, sondern den Mut zum Aufbruch zu haben, sei ein wichtiges biblisches Motiv.

Das hat sie oft gesagt, nach ihrer spektakulären Wahl am 5. Juni 1999, als sich die als konservativ geltende Landeskirche im dritten Wahlgang für die junge dynamische Theologin aus Fulda entschied. "Wir wollten damals etwas ganz Neues wagen, und Margot Käßmann schien dafür genau richtig", erinnert sich Albrecht Bungeroth. Er gehört zu der Handvoll Synodalen, die schon vor elf Jahren dabei waren.

Damals war er Synodenpräsident und damit der erste, der ihr gratulierte. Auf der Heimfahrt nach der Wahl habe er dann aber doch einige Stoßgebete in den Himmel geschickt, dass alles gutgehen möge. Doch bereits mit dem Einführungsgottesdienst hätten sich alle Befürchtungen in Luft aufgelöst: "Man konnte an diesem 4. September geradezu sehen, wie ihr die Herzen zuflogen."

Auch Karin Aulike, die bereits seit 1986 dem Kirchenparlament angehört, unterstreicht, dass Margot Käßmann die Kirche geöffnet und sie nach außen sichtbar gemacht habe. Der jungen Bischöfin sei ihre Freude an Begegnungen und Gesprächen anzumerken gewesen. Sie habe es immer wieder geschafft, die Synode mit ihren Ideen und Aktionen zu überraschen - manches Mal auch an den Gremien vorbei.

Daran erinnert sich auch Bungeroth: "Bevor wir überhaupt gemerkt haben, dass da ein Thema ist, hat sie es schon aufgegriffen und umgesetzt." Das sei manchmal doch etwas ärgerlich gewesen, sagt er schmunzelnd.

An ihr schnelles und entschlossenes Handeln knüpft auch Synodenpräsident Jürgen Schneider in seiner Verabschiedung vor der Synode an. Gelegentlich sei die Theologin vorausgeeilt, "so spontan und so schnell, dass wir nicht immer alle recht mitkommen konnten." Sie sei eine "Meisterin des Agenda-Settings und der erfolgreichen Kampagnen". Ihre Zeit als Landesbischöfin sei sehr wichtig und wertvoll für die Landeskirche gewesen: "Wir können nicht mehr hinter den Juni 1999 zurück."

Käßmann habe der Kirche als Bischöfin ein frisches, junges und weibliches Gesicht gegeben, betont Schneider. Das Profil sei durch sie lebendiger, kräftiger und schärfer geworden: "Und was immer Du in Zukunft tun wirst: Du bleibst die Bischöfin der Herzen - und das wirkt weit über Hannover hinaus."

02. Juni 2010