Kauder wirft Berliner Senat "Missachtung der christlichen Kultur" vor

Berlin (epd). Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, hat dem Berliner Senat eine "Missachtung der christlichen Kultur" vorgeworfen. Die rot-rote Regierung von Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) habe in den vergangenen Jahren den Raum zur Entfaltung der Christen immer wieder beschnitten, schreibt der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag im Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). Als Beispiel nannte er die "massive Bekämpfung der Einführung des Religionsunterrichts als Wahlpflichtfach".

Zudem beklagte Kauder, dass dem einzigen christlichen Radiosender "Radio Paradiso" in der Hauptstadt die Lizenz entzogen werden soll. "In einer Zeit, in der wir stärker als je zuvor um Werte ringen, die unserer Gesellschaft zugrunde liegen, wäre es ein schlechtes Signal, einem christlich orientierten Sender keinen Platz mehr zu geben." Bei der angekündigten Entscheidung gegen Radio Paradiso könne es nicht bleiben. Der Sender sei wichtig, "denn wir leben in einem Land, das in christlichen Werten und christlichen Traditionen wurzelt".

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hatte im Mai mitgeteilt, dass die Lizenz für Radio Paradiso auf den UKW-Hörfunkfrequenzen in Berlin und Brandenburg nicht verlängert wird. Ende November soll das Programm "Oldiestar Radio" die Frequenzen übernehmen.

03. Juni 2010


Der Gastbeitrag von Volker Kauder im Tagesspiegel vom 03. Juni:

Radio Paradiso muss weiter senden

Warum Berlins Medienvielfalt bewahrt bleiben sollte.

Von Volker Kauder

Berlin hat eine einzigartige Vielfalt an Radiosendern. Jeder findet hier das für ihn passende Angebot. Seit 14 Jahren gibt es mit Radio Paradiso auch einen christlich geprägten Sender in der Hauptstadt. Er ist wichtig, denn wir leben in einem Land, das in christlichen Werten und christlicher Tradition wurzelt. Das sollte sich auch in der Medienlandschaft widerspiegeln. Das private Radio Paradiso ist eine gelungene Mischung aus Unterhaltung und Information. Die 22 000 Hörer, die pro Stunde einschalten, sind der Beweis. Der Sender hat einen festen Platz in der Berliner Medienlandschaft. So sollte es bleiben.

Die angekündigte Entscheidung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), nun gerade diesem Sender nach 14 Jahren die Sendelizenz zu entziehen, halte ich für falsch. Die Aussage der Medienanstalt, die Lizenz müsse zur Wahrung eines vielfältigen Programmangebots an einen anderen Sender vergeben werden, überzeugt nicht. Gerade weil es nur einen christlich geprägten Sender gibt, müsste dieser erhalten bleiben. Im letzten Jahr ist nach Aussagen des Senders der christliche Wortanteil deutlich gestiegen. In einer Zeit, in der wir stärker als je zuvor um Werte ringen, die unserer Gesellschaft zugrunde liegen, wäre es ein schlechtes Signal, einem christlich orientierten Sender keinen Platz mehr zu geben.

Der rot-rote Senat betont die Multikulturalität der Stadt. Dabei muss aber dann auch den Christen Raum zur Entfaltung gegeben werden. Dieser ist schon in den vergangenen Jahren immer wieder beschnitten worden. Man denke nur an die massive Bekämpfung der Einführung des Religionsunterrichtes als Wahlpflichtfach an den Berliner Schulen. Die Förderung von Multikulturalität auf der einen Seite und die Missachtung der christlichen Kultur auf der anderen Seite passen nicht zusammen.

Auch das von der Medienanstalt gewählte Verfahren ist fragwürdig. Die Radiosender haben ein Recht auf eine verlässliche und transparente Begleitung. Die Landesmedienanstalten in Deutschland, die über die Vergabe von Rundfunklizenzen und deren Verlängerung wachen, haben die Pflicht, auf die Vielfalt auf dem Radiomarkt zu achten. Es ist seit Jahren sinnvolle Praxis, vor der Nichtverlängerung einer Sendeerlaubnis das Gespräch mit den betroffenen Radiomachern zu suchen. Das hat es bei Radio Paradiso nicht gegeben.

Bei der angekündigten Entscheidung gegen Radio Paradiso kann es nicht bleiben. Es geht hier auch um ein Zeichen des Respekts für unsere christlich-abendländische Tradition.

Der Autor ist Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Quelle: Der Tagesspiegel


Studie: Wortanteil bei Radio Paradiso 2009 deutlich erhöht

Berlin (epd). Der christliche Sender Radio Paradiso, der von Lizenzverlust bedroht ist, hat seinen Wortanteil im Jahr 2009 deutlich erhöht. Bei dem in Berlin ansässigen Kanal habe sich "einiges zum Positiven verändert", heißt es in einer im Internet veröffentlichten Studie der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Die Studie untersucht lokale Radioprogramme in Brandenburg und nimmt dabei auch den Ableger Radio Paradiso Brandenburg unter die Lupe. Dieser weise einen Wortanteil von 131 Minuten pro Tag auf (12,8 Prozent), was sich aufgrund der Programmstruktur in etwa auf Radio Paradiso in Berlin übertragen lasse. Die Geschäftsführung des Senders begrüßte am Freitag die Studie.

Von den sechs untersuchten Programmen liege Radio Paradiso Brandenburg damit zwar an vorletzter Stelle, heißt es in der Studie. Im Vergleich zu dem Wortanteil von 7,1 Prozent, der 2008 in Berlin gemessen wurde, habe sich der Wert allerdings fast verdoppelt. Die Analyse zur Berliner Radiolandschaft 2008 hatte Radio Paradiso einen erheblichen "Substanzverlust" bescheinigt. Das christliche Profil des Senders gehe verloren, hieß es damals.

Im Mai 2010 entschied der Medienrat der MABB, die Lizenz von Radio Paradiso auf den UKW-Hörfunkfrequenzen in Berlin und Brandenburg nicht zu verlängern. Ende November soll das Programm Oldiestar Radio die Frequenzen übernehmen. Die Neuausschreibung war nötig geworden, weil die Lizenz des 1997 gestarteten christlichen Senders bereits einmal verlängert worden war. Die genaue Begründung für die Entscheidung soll nach der nächsten Sitzung des Medienrats am 22. Juni in einem schriftlichen Bescheid mitgeteilt werden. Radio Paradiso kündigte bereits rechtliche Schritte an.

Ein weiteres Ergebnis der neuen MABB-Studie ist, dass Radio Paradiso Brandenburg "erstaunlicherweise" keine lokalen oder regionalen Nachrichten sende. Auch die Selbstdarstellung als deutsch-polnisches Radioprogramm müsse infrage gestellt werden.

Der Geschäftsführer von Radio Paradiso, Matthias Gülzow, sagte dem epd am Freitag: "Ich freue mich, dass die Studie zeigt, dass unser Berliner Programm deutlich besser ist als im Jahr 2008." Bei der Untersuchungswoche im November 2009, die für die Studie ausgewählt wurde, habe man allerdings "Pech gehabt". Durch eine unglückliche Mischung aus Krankheitsfällen und Fortbildungsmaßnahmen habe es in dieser Woche keine lokalen Nachrichten gegeben. Im Online-Archiv von Radio Paradiso Brandenburg lasse sich aber nachlesen, dass dies eine Ausnahme gewesen sei.

Wegen der ausgewählten Untersuchungswoche sei die Hälfte der eigenproduzierten Wort-Sendungen in der Studie gar nicht erfasst worden, so Gülzow. Es sei bedauerlich, dass der Autor der Studie nicht beim Sender nachgefragt habe. Die Aussage, das deutsch-polnische Sendekonzept sei nicht überzeugend, bezeichnete der Geschäftsführer als "sehr subjektive Bewertung". Radio Paradiso Brandenburg erhalte "sehr gute Rückmeldungen" der Hörer.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte die Verweigerung der Lizenzverlängerung im Mai scharf kritisiert. In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" forderte kürzlich auch der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, der Sender müsse die Frequenzen behalten. Es wäre "ein schlechtes Signal, einem christlich orientierten Sender keinen Platz mehr zu geben", so Kauder.

Hauptgesellschafter von Radio Paradiso sind die Evangelische Darlehnsgenossenschaft und das Berliner Immanuel-Krankenhaus. Die EKD Media, die ebenfalls Anteile hält, gehört zu 60 Prozent der EKD und zu 40 Prozent dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP).

04. Juni 2010