Fokuswoche gegen Armut will aufrütteln und informieren

Berlin (epd). Mit einer Kampagnenwoche will die Nationale Armutskonferenz (NAK) von Samstag bis zum 25. Juni in Berlin auf die wachsenden Probleme armer Bürger aufmerksam machen. Erwartet würden rund 1.000 Teilnehmer, sagte der Michael Schröter, Geschäftsführer der Konferenz, am Freitag in Berlin dem epd. In den zahlreichen Podien, Workshops und Vorträgen würden auch die Folgen des umstrittenen Sparpaketes der Bundesregierung diskutiert.

Die Veranstaltungsreihe ist Teil des "Europäischen Jahres 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung", dessen Aktionen in Deutschland unter dem Motto "Mit neuem Mut" stehen. In der Bundeshauptstadt wollen Betroffene, Helfer, Experten und Politiker Wege erörtern, wie Armut und Stigmatisierung zu überwinden sind.

"Durch die Sparbeschlüsse der Bundesregierung wird die bittere Realität von Armut in Deutschland weiter verschärft", kritisierte Wolfgang Gern, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz. Studien zufolge lebten über 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in Armut. Das sind den Angaben zufolge über 11,5 Millionen Menschen. Eine neue Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) habe gezeigt, dass hierzulande die Armen seit Jahren ärmer und die Reichen reicher werden.

Gern, der auch Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau ist, wies die rigiden Sparpläne des Bundes zurück. Während in den vergangenen zwei Jahren mehr als 28 Milliarden Euro an Steuersenkungen die Besserverdienenden massiv entlastet hätten, würden nun zur Gegenfinanzierung bis 2014 allein 31 Milliarden an Hilfen zur Armutsbekämpfung eingespart.

"Jetzt Grundsicherungsleistungen gleichzeitig mit Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration zu streichen, verfestigt und vergrößert Armut", warnte Gern. Die Fokuswoche wolle Aufmerksamkeit schaffen und wachrütteln, "damit bittere Armut in Deutschland nicht zur Normalität erklärt wird."

Nikolaus Schneider, amtierender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), forderte eine sachliche Diskussion über Ziele und Erfolge der Armutsbekämpfung. "Es geht eben nicht nur um Hunger, es geht um gesellschaftliche Teilhabe", sagte der Theologe und erinnerte an das vielfältige soziale Engagement der Kirchengemeinden. Ziel sei es, Betroffene "fit zu machen für Schule, Arbeitsmarkt und den Umgang mit den ganz normalen Alltagsproblemen", betonte Cornelia Coenen-Marx, EKD-Referentin für Sozial- und Gesellschaftspolitik.

Zum Programm gehören unter anderem folgende Veranstaltungen: Kongress zur Zukunft von Hartz IV (19. Juni), Brandenburger Sozialgipfel (Potsdam, 21. Juni), 5. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung (21./22. Juni), Aktion "Ich will raus aus der Armut" (22. Juni), Aktionstag "Armut und soziales Ausgrenzung - Herausforderungen im Alltag" (24. Juni). Zudem findet am 25. Juni ein Aktionstag der Kirchen, Diakonie und Caritas statt. Dort stellen unter anderem 18 Initiativen aus ganz Deutschland ihre Projekte vor, die sie für Bewohner sozialer Brennpunkte entwickelt haben.

In der Nationalen Armutskonferenz haben sich Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV) mit Selbsthilfeorganisationen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund zusammen geschlossen.

18. Juni 2010