EKD-Ratsvorsitzender wirbt für "Bildung für alle"

  Magdeburg (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, wirbt für einen weiten Bildungsbegriff. Neben Fachwissen sollte auch Orientierung vermittelt und zur Persönlichkeitsentwicklung beigetragen werden. Wissen brauche ein "menschliches Maß", sagte Schneider in Magdeburg. Der rheinische Präses fordert zudem mehr Bildungsgerechtigkeit.

In einem Vortrag am Jahrestag der Einführung der Reformation in Magdeburg hob Schneider die Aktualität des Reformators Philipp Melanchthon (1497-1560) für die Bildungsdebatte hervor. Die Reformation in Magdeburg begann am 26. Juni 1524, sieben Jahre nach dem legendären Thesenanschlag von Martin Luther (1483-1546) in Wittenberg.

"Menschen zu bilden, war elementares Anliegen der Reformation", sagte Präses Schneider laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Erst als Bildungsbewegung habe sie ihre geistliche Kraft gewonnen und kulturelle Wirkung entfalten können. Die Forderung "Bildung für alle" sei bei Melanchthon schon vorgezeichnet. Gegenüber einer Gesellschaft, in der die familiäre Herkunft eines Kindes über den Bildungserfolg entscheidet, biete Melanchthon, "alle rhetorischen Bataillone" auf, um sie "auf den Weg der Bildungsgerechtigkeit zu bringen". Dazu gehörten heute Konzepte für frühe Sprachförderung, besonders bei der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen erzieherischen, sprachlichen und kulturellen Voraussetzungen.

Aktuelle Probleme der Bildungspolitik sieht der evangelische Theologe in der "Verengung auf den Wissensaspekt, einseitige Ausrichtung auf die Vernützlichung der Bildung, Standardisierung statt Individualisierung, wenig Schärfung des Gewissens und der Sozialkompetenz". In der heutigen Bildungslandschaft müsse daran erinnert werden, dass Wissen ein menschliches Maß brauche, ergänzte Schneider. Es gebe einen wichtigen Zusammenhang von "Lernen, Wissen, Können, Wertbewusstsein und Handeln im Horizont sinnstiftender Lebensdeutungen". Den konfessionellen Religionsunterricht bezeichnete der Ratsvorsitzende als Ort zur Selbstvergewisserung junger Menschen und für die Besinnung auf die Glaubensgrundlagen.

28. Juni 2010