Präses Schneider fordert Verständnis für Sauerland

Frankfurt a.M. (epd). Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, spricht sich für einen menschlicheren Umgang mit Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) aus. Er fordere Menschlichkeit und Maß ein "und auch ein Stück Verständnis dafür, dass ein Mensch in einer solchen Situation sich nicht immer so äußert und verhält, wie man es von ihm zu erwarten hätte", sagte Schneider, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, der "Frankfurter Rundschau" (Montagsausgabe).

Seit der Massenpanik mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten auf der Duisburger Loveparade am 24. Juli steht Sauerland massiv unter Druck. Viele fordern seinen Rücktritt, den der Politiker jedoch verweigert.

Präses Schneider sagte, zwar trete Sauerland nach der Loveparade-Katastrophe sehr unglücklich auf und drücke sich ungeschickt aus. "Aber wenn ich höre, dass er Morddrohungen erhalten hat, bewacht wird und dass er auch seine Familie in Sicherheit bringen muss, dann ist dies für mich ein Zeichen der Maßlosigkeit im Äußern der berechtigten und verständlichen Wut", kritisierte der Theologe. Er trete sehr dafür ein, dass Sauerland Gerechtigkeit widerfahre. "Er war ja bis vor kurzem ein sehr respektiertes, ja beliebtes Stadtoberhaupt", fügte der gebürtige Duisburger Schneider hinzu.

Letztlich müsse Sauerland selbst sehen, ob er in einer Situation, in der er nicht mehr gefahrlos in die Öffentlichkeit gehen kann, noch Oberbürgermeister bleiben kann, sagte Schneider: "Eigentlich ist das für einen politischen Repräsentanten eine völlig unmögliche Lage. Wenn sich daran nichts ändert, wird er sein Amt schlechterdings nicht weiter ausüben können."

In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe) äußerte Schneider scharfe Kritik an der ehemaligen Fernsehmoderatorin Eva Herman. Sie hatte in einem Internet-Blog die Loveparade als "Sodom und Gomorrha" bezeichnet und die Vorkommnisse als Strafe Gottes umschrieben. Schneider sagte, es gebe in der Bibel genügend Beispiele, in denen Jesus davor warne, solche Ereignisse mit einer Strafe Gottes gleichzusetzen.

Jesus mache klar, dass solche Vorkommnisse nichts mit Sünden des Einzelnen zu tun haben und stattdessen jeder bei sich selbst nachschauen solle. "Diese Empfehlung kann man Eva Herman nur geben", sagte Schneider. Nach kritischen Reaktionen hatte diese erklärt, sie habe die Opfer und ihre Angehörigen nicht verletzen wollen.

Trotz des Unglücks hält Schneider derartige Veranstaltungen für junge Leute im Ruhrgebiet weiterhin für notwendig. "Das Ruhrgebiet hat ein großes Imageproblem und muss etwas für sein Ansehen tun", sagte er. Allerdings müssten künftig eine sorgfältige Vorbereitung und die Sicherheit der Menschen an erster Stelle stehen - "unabhängig von Image oder Gewinn".

02. August 2010