Politiker und Hilfswerke rufen zu mehr Unterstützung für Pakistan auf

EU-Kommissarin regt Katastrophen-Frühwarnsystem an

Hannover (epd). Politiker und Hilfswerke haben zu mehr Unterstützung für die Flutopfer in Pakistan aufgerufen. "Nur wenn wir sofort handeln, können wir die Menschen retten", sagte die EU-Kommissarin für Humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, dem epd. Europa müsse sich auf ein langfristiges Engagement in Pakistan einstellen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) rief zu Spenden auf. "Pakistan ist von einer beispiellosen Katastrophe getroffen", sagte er der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe). "Ich bitte alle Deutschen darum, für die Flutopfer zu spenden." Deutsches Rotes Kreuz und Caritas International wiesen auf ihren Geldbedarf zur Hilfe in der Hochwassergegend hin.

Um bei ähnlichen Katastrophen wie in Pakistan schneller Hilfe leisten zu können, will EU-Kommissarin Georgieva ein europaweites Netzwerk ins Leben rufen. "Die Überschwemmungen in Pakistan haben gezeigt, dass wir gemeinsam an Frühwarnsystemen arbeiten müssen", sagte sie. Italien könnte beispielsweise seine Erfahrungen zu Erdbeben beisteuern, Polen oder Rumänien zu Vorhersagen bei Überschwemmungen.

Das Wissen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen könnten dann weltweit bereitgestellt werden. "Durch den Klimawandel wird es immer mehr Naturkatastrophen geben", warnte Georgieva. Deshalb bleibe den Mitgliedsstaaten langfristig nichts anderes übrig, als bei der Krisenprävention zusammen zu arbeiten. Erst in der vergangenen Woche hatte Georgieva die Soforthilfe für Pakistan von 30 auf 40 Millionen Euro aufgestockt.

Rund 20 Millionen Menschen sind nach Angaben der pakistanischen Regierung von der Jahrhundertflut betroffen. Wegen neuer Hochwasser-Warnungen sind über 150 Dörfer am Indus-Fluss geräumt worden. Hilfswerke warnen zudem davor, dass sich Seuchen wie die Cholera schnell ausbreiten könnten, weil die Menschen verunreinigtes Wasser trinken. Nach UN-Angaben droht allein 3,5 Millionen Kindern eine solche tödliche Krankheit.

Trotz des Ausmaßes der Katastrophe beklagten Hilfswerke die geringe Spendenbereitschaft. "Ich hoffe sehr, dass die Menschen den dramatischen Ernst der Lage erfassen und ihren verständlichen Spendenüberdruss nach den vielen Krisen des Sommers überwinden", sagte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rudolf Seiters, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Wegen des Feuers in Russland, der Ölpest im Golf, des Unglücks bei der Loveparade und des Erdbebens in Haiti Anfang des Jahres seien viele Menschen der Katastrophen "überdrüssig".

Seit Montagmorgen nähmen die Spenden jedoch zu. Rund 800.000 Euro seien bis jetzt beim DRK eingegangen, bilanzierte Seiters. Allerdings mache das Land selbst "mit seiner unüberschaubaren politischen Situation das Helfenwollen auch nicht gerade leicht".

Nach Ansicht von Oliver Müller, Leiter von Caritas International, gibt es jedoch keine politischen Gründe für die anfängliche Spendenzurückhaltung. Die meisten Spender seien darüber informiert, dass Pakistan "kein Heer von Taliban" sei, sagte Müller am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. Vielmehr liege die Zurückhaltung in der Art der Katastrophe. Die Flut in Pakistan sei "langsam angewachsen". "Vielleicht wird auch menschliches Versagen dabei in den Vordergrund geschoben. Und das hat es sehr schwergemacht, um Spenden zu werben", sagte Müller.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betonte, dass bei der Hilfe nicht allein die Höhe des zur Verfügung gestellten Geldes zähle, sondern dass die Hilfe vor Ort ankomme. Dafür sei "logistische Schwerstarbeit" zu leisten, sagte Niebel im Südwestrundfunk. Deutschland arbeite gezielt mit Hilfsorganisationen zusammen, die seit langem in Pakistan tätig sind. Laut Niebel hat Deutschland bislang 15 Millionen Euro direkt zur Verfügung gestellt und ist mit 20 Prozent an den Hilfen der EU beteiligt. Zudem trage die Bundesrepublik vier Prozent des 900-Millionen-Dollar umfassenden Notkredites der Weltbank.

17. August 2010

Diakonie Katastrophenhilfe