Keine Entschädigung für muslimische Stellenbewerberin

Diakonie begrüßt Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Erfurt/Hannover (epd). Eine muslimische Stellenbewerberin ist am Donnerstag mit ihrer Diskriminierungsklage gegen das Diakonische Werk Hamburg vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt gescheitert. Die Deutsche türkischer Herkunft hatte die kirchliche Einrichtung auf Entschädigung verklagt, weil sie sich bei einer Stellenbewerbung wegen ihrer Religion und Herkunft diskriminiert fühlte. Das Gericht entschied aber nicht über den Diskriminierungsvorwurf. Die Bewerberin habe wesentliche Berufsqualifikationen der Stellenbeschreibung nicht erfüllt, so die Richter. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie begrüßten das Urteil. (AZ: 8 AZR 466/09)

Die Deutsch-Türkin hatte sich am 24. Dezember 2006 beim Diakonischen Werk Hamburg als Sozialpädagogin in dem Projekt "Integrationslotse" beworben. Darin sollen erwachsene Migranten eine besondere Förderung erhalten. Die Diakonie hatte in dem Stellenprofil ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Sozialpädagogik sowie die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verlangt. Die Frau hatte zwar Erfahrung in der Migrationsarbeit aufzuweisen, über ein entsprechendes Hochschulstudium verfügte die gelernte Reisekauffrau aber nicht.

Nach Eingang der Bewerbung wurde die Frau von einer Mitarbeiterin des Diakonischen Werkes angerufen und nach einer etwaigen Kirchenzugehörigkeit befragt. Als sie schließlich die Absage von der Diakonie erhielt, führte sie diese auf ihren muslimischen Glauben und ihre Herkunft zurück. Sie forderte daraufhin eine Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Diakonische Werk betonte, dass die Kirchenzugehörigkeit keine Rolle gespielt habe. Auch die Herkunft sei nicht von Belang gewesen. Die Stelle sei mit einem Inder besetzt worden.

Das BAG stellte fest, dass eine Entschädigung wegen Diskriminierung nur dann infrage komme, wenn die "Bewerbung mit der anderer vergleichbar ist". Dies sei nach dem Anforderungsprofil des Arbeitgebers zu beurteilen. Im konkreten Fall sei die muslimische Klägerin mit anderen Bewerbern aber nicht vergleichbar gewesen, da sie nicht über die verlangte Hochschulausbildung verfügt habe.

Die Evangelische Kirche in Deutschland und ihr Diakonisches Werk begrüßten die Entscheidung. "Es handelt sich um das erste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Rechtsfrage auf der Grundlage des AGG", sagte Hans Ulrich Anke, Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes in Hannover. Das Bundesarbeitsgericht stelle klar, dass in diesen Fällen eine Benachteiligung nach dem AGG nicht vorliegt. Allerdings habe das Bundesarbeitsgericht damit ausdrücklich noch nicht entschieden, wie bei vergleichbarer Qualifikation von Bewerbern das Erfordernis der Kirchenzugehörigkeit zu beurteilen ist. Das bleibe weiteren Entscheidungen vorbehalten.

Von kirchlichen Einrichtungen wie Einrichtungen für behinderte Menschen, Altenheimen und Krankenhäusern werde erwartet, dass ihre kirchliche Prägung spürbar sei, erklärte der Vizepräsident des Diakonischen Werkes, Wolfgang Teske. Aus Sicht der EKD und der Diakonie ist die Kirchenmitgliedschaft ihrer Mitarbeiter eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die kirchliche Prägung der Einrichtungen, Dienste und Werke innerhalb der evangelischen Kirche und Diakonie gewährleistet bleibt.

Die Vorsitzende des Diakonischen Werkes Hamburg, Annegrethe Stoltenberg, begrüßte ebenfalls die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Das Gericht habe sich ebenso wie die Vorinstanz auf die entscheidende Frage konzentriert: "die Frage der objektiven Eignung und Qualifikation aufgrund der Anforderung des Stellenprofils", so Stoltenberg.

20. August 2010

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. August