Flut in Pakistan nimmt kein Ende

Immer mehr Menschen auf der Flucht - IWF plant Treffen mit pakistanischer Regierung 

Islamabad (epd). Die Lage in den pakistanischen Flutgebieten bleibt dramatisch. Wegen des anhaltenden Hochwassers mussten am Wochenende weitere 150.000 Menschen ihre Häuser verlassen, wie der pakistanische TV-Sender "Dawn" am Sonntag meldete. Hilfsorganisationen warnen vor wachsender Seuchengefahr. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht mittlerweile davon aus, dass der Bedarf an Spenden und Hilfsgütern höher ist als bislang veranschlagt.

Im Süden der Provinz Sindh werden laut pakistanischen Fernsehberichten immer mehr Städte und Dörfer überflutet. Das pakistanische Militär evakuierte die Stadt Shadadkot mit Booten und Hubschraubern, nachdem stellenweise die Dämme des Indus-Flusses gebrochen waren.

Nach Angaben des "Bündnisses Entwicklung Hilft" schweben Malaria und Cholera "als Damoklesschwert über dem Land". Durch die riesigen Mengen an stehendem Wasser befürchteten die Behörden die massenhafte Vermehrung von Stechmücken, die Malaria übertragen können. Zudem würden immer mehr Fälle von Typhus und Hautkrankheiten registriert. Vereinzelt sei auch schon Hepatitis aufgetreten.

Bei Temperaturen um die 40 Grad Celsius verbreiteten sich die Erreger rasend schnell, hieß es weiter. Hauptursache dieser Krankheiten sei verunreinigtes Trinkwasser. Das "Bündnis Entwicklung Hilft" ist ein Zusammenschluss der fünf deutschen Hilfswerke "Brot für die Welt", medico international, Misereor, terre des hommes und Welthungerhilfe.

Die seit drei Wochen herrschende Flut ist die schlimmste seit 80 Jahren. Inzwischen sind ein Fünftel des Landes von der Katastrophe betroffen. Mindestens sechs Millionen Menschen wurden obdachlos. Weil viele Gebiete wegen der Wassermassen nur schwer zugänglich sind, kommt die Versorgung der Millionen Flüchtlinge und Obdachlosen nur langsam voran.

Die UNHCR-Sprecherin in Pakistan, Billi Bierling, sagte dem Deutschlandradio Kultur, der Bedarf an Hilfsgütern sei viel höher als man vor zwei oder drei Wochen gedacht habe. Man werde den Spendenappell an die internationale Gemeinschaft vermutlich noch einmal revidieren. Vor anderthalb Wochen hatten die Vereinten Nationen an die Staaten appelliert, insgesamt 460 Millionen Dollar für Pakistan bereitzustellen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will mit der pakistanischen Regierung über Finanzhilfen zur Bewältigung der Flutkatastrophe beraten. Dazu sei in den kommenden Tagen ein Treffen in Washington geplant, teilte Masood Ahmed, Direktor für den Mittleren Osten und Zentralasien beim IWF, mit. Die Hochwasserkatastrophe, die Millionen Menschen ins Unglück gestürzt habe, stelle auch eine gewaltige ökonomische Herausforderung dar, unterstrich Ahmed.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schrieb in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau" vom Samstag, das Ausmaß der Überschwemmungen sei unfassbar. Rund 15 bis 20 Millionen Menschen seien betroffen - dies seien mehr als beim Tsunami im Indischen Ozean, dem Erdbeben in Kaschmir 2005 und dem Wirbelsturm Nargis 2007 zusammen.

Ban beklagte, dass die internationale Gemeinschaft die Dimension der Katastrophe zu langsam und zu spät begriffen habe. Dies stelle "die Welt vor die größte solidarische Herausforderung unserer Zeit". Hilfe sei auch dann noch notwendig, wenn die Wasserpegel sänken. Dann müsse die Infrastruktur wiederaufgebaut werden.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), verteidigte derweil die pakistanische Regierung gegen den Vorwurf, bei der Fluthilfe zu versagen. Nach einem Besuch in den Katastrophengebieten des asiatischen Landes sagte Löning dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe), die pakistanische Verwaltung sei "auf dem richtigen Weg". Zwar habe die Regierung anfangs das Ausmaß der Katastrophe unterschätzt, inzwischen hätten sich die staatlichen Stellen aber organisiert und auch Programme für Flutopfer aufgelegt.

23. August 2010