Verkündigung mit roter Nase

Deutschlands Kirchenclowns treffen sich in Halle und diskutieren über Humor und Glauben

Von Corinna Buschow (epd)

Halle (epd). Die Sterne sind an den Himmel gefallen, als Gott das Jonglieren trainierte. So klingt die biblische Schöpfungsgeschichte in der Version von Clown Leo. Hinter dem 1,90 Meter großen schlaksigen Mann mit zu kurz geratenen Hosen, weißem Shirt und roter Nase verbirgt sich Steffen Schulz aus Halle. Er ist nach eigenen Angaben Deutschlands einziger hauptberuflicher Kirchenclown.

Verglichen mit Aufregern wie den Mohammed-Karikaturen oder der MTV-Serie "Popetown" sowie einigen Covern der Zeitschrift "Titanic" machen Kirchenclowns brave Witze über Religion. Meist sind sie selbst Christen und wollen mit ihrem Programm einen unkomplizierten Zugang zum Glauben schaffen. Damit versöhnen sie, was oft genug als unversöhnlich gilt - Humor und Glauben.

Von Freitag (22. Oktober) an treffen sich rund 20 Vertreter dieser Kleinkunst zu ihrer ersten bundesweiten Versammlung in der Laurentiuskirche in Halle. Dabei soll bis Sonntag unter anderem das Spannungsverhältnis zwischen Humor und Glauben diskutiert werden. Die meisten der Teilnehmer schlüpfen in ihrer Freizeit in die Rolle der tollpatschigen Zirkusfiguren. Clown Leo bestreitet dagegen als Kirchenclown seinen Lebensunterhalt.

470 Euro Gage bekommt er nach eigenen Angaben für einen Auftritt. Seine Arbeitstage sind meist Sonntage. Er tritt in Gottesdiensten auf, unterhält bei Gemeindefesten oder inspiriert Treffen von Jungen Gemeinden.

Der 39-Jährige ist gelernter Pfleger und Erzieher. Im Fernunterricht studierte er Theologie. Nun kann er "christlichen Glauben und Beruf verbinden", sagt er. Trotzdem will er nicht als Missionar verstanden werden. "Unter diesem Motto wurde in der Geschichte der Kirche schon viel Schlimmes angerichtet." Er will "einfach biblische Geschichten erzählen - nicht mit Talar, sondern mit roter Nase".

Der Magdeburger Altbischof Axel Noack, der die Versammlung der Kirchenclowns besuchen will, schreibt dem Clown dennoch eine große Bedeutung für den Kontakt zwischen Kirche und Menschen zu. Während einige Pfarrer inzwischen "eine regelrechte Menschenscheu" entwickelt hätten, gehe der Clown geradewegs auf sie zu. Ihm gelinge eine besondere Art der Verkündigung, die näher an den Menschen sei.

Nach Auffassung des katholischen Bischofs aus Magdeburg, Gerhard Feige, können Kirchenclowns "Verkrustungen aufbrechen, entkrampfen, die Kindlichkeit hervorlocken" und damit "bittere Wahrheiten einfühlsam vermitteln". Feige sieht im Zusammenspiel von Glauben und Humor aber auch eine Gratwanderung. "Es kommt schon darauf an, ob jemand In- oder Outsider, wohlwollend oder aggressiv ist." Bei zynischem Spott, "wenn das Heiligste, was man hat, angegriffen wird", höre bei ihm der Spaß auf.

Auch Noack, der in Sachen Humor nach eigenen Worten "ein weites Herz" hat, lacht nicht über alles. "Es darf nicht blasphemisch werden."

Der Religionswissenschaftler und selbst erklärte "Lachforscher" Harald Alexander Korp aus Berlin fordert von Protestanten dagegen mehr Gelassenheit. Im Gegensatz zu Katholiken würden evangelische Christen das Heitere als Provokation empfinden, sagt Korp, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Georg-August-Universität Göttingen Seminare zum Thema Glauben und Humor gibt.

Clown Leo kann das nicht bestätigen. Er werde inzwischen in fast allen Gemeinden aufgeschlossen empfangen, sagt Schulz. "Auch Protestanten lachen gern", sagt er. Lediglich in den als theologisch-konservativ geltenden Freikirchen habe er vielleicht einen schweren Stand, sagt er.

Je "sakrosanter" die Werte, desto schmerzhafter der Witz darüber, ist eine Gleichung, die der Religionswissenschaftler Korp immer wieder beobachtet. Schon deshalb werde das Spannungsverhältnis zwischen Kirche und Humor wohl immer eines bleiben, auch wenn Kirchenclowns ein bisschen Versöhnung hineinbringen. "Da, wo Tabus sind, hat schließlich das Lachen seinen Platz", sagt er.

19. Oktober 2010