Evangelische Kirche begrüßt Wulffs Appell zu Religionsfreiheit

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt den Aufruf von Bundespräsident Christan Wulff zum Schutz der christlichen Minderheit in der Türkei. In aller Klarheit habe Wulff auf die schwerwiegenden Probleme hingewiesen, denen sich die Christen in der Türkei gegenübersähen, sagte der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Bernhard Felmberg, am Dienstag in Berlin. Wie schon bisher die christlichen Kirchen in Deutschland habe Wulff die Erwartung formuliert, dass Christen in der Türkei das Recht haben müssten, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen.

Felmberg verwies auf den Bogen, der sich von Wulffs Rede zum Tag der deutschen Einheit zu dessen Ansprache vor dem türkischen Parlament in Ankara spanne: "Die nicht unumstrittenen Passagen zur Beheimatung des Islams in Deutschland haben ihm die Freiheit gegeben auch heute den bemerkenswerten Satz 'Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei' zu sagen."

Zu Recht habe das Staatsoberhaupt an die gemeinsame Verpflichtung beider Staaten im Blick auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erinnert, sagte der Prälat weiter. Dabei habe Wulff für ein vertrauensvolles Handeln angesichts der Bedrohungen des 21. Jahrhunderts geworben und die Türkei ermutigt, den "Weg nach Europa" fortzusetzen. Dies sei die Grundlage eines offenen Dialogs zwischen beiden Ländern, sagte Felmberg.

19. Oktober 2010


Bundespräsident: "Christentum gehört zur Türkei"

Ankara/Frankfurt a.M. (epd). Bundespräsident Christian Wulff hat die Türkei zum Schutz der dort lebenden christlichen Minderheit aufgerufen. "Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei", sagte Wulff am Dienstag vor dem türkischen Parlament in Ankara. In seiner Rede zum Tag der deutschen Einheit hatte Wulff betont, dass neben Christentum und Judentum auch der Islam zu Deutschland gehöre, und damit eine Debatte über die Rolle des Islam ausgelöst.

Muslime könnten in Deutschland ihren Glauben in würdigem Rahmen praktizieren, fügte das Staatsoberhaupt hinzu. Davon zeuge die zunehmende Zahl der Moscheen. Laut Redetext sagte Wulff weiter: "Gleichzeitig erwarten wir, dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen."

In der Türkei habe auch das Christentum eine lange Tradition, erinnerte der Bundespräsident. Er habe "mit großer Begeisterung" Stimmen in der Türkei registriert, die sich für die Öffnung von mehr Kirchen aussprechen. Am Mittwoch wird Wulff an einem ökumenischen Gottesdienst in Tarsus, dem Geburtsort des Apostels Paulus, teilnehmen.

Hochrangige Kirchenvertreter und Politiker aus der EU fordern seit langem von den türkischen Behörden, dass die Paulus-Kirche in Tarsus, die seit dem Jahr 2000 als Museum dient, wieder für religiöse Zwecke geöffnet wird. Auf dem Programm von Wulffs Türkeibesuch steht auch eine Begegnung mit dem Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, Patriarch Bartholomaios I.. In der ganz überwiegend muslimischen Türkei gibt es nur eine christliche Minderheit. Nach inoffiziellen Schätzungen gibt es unter den rund 70 Millionen Türken 60.000 armenische Christen, 15.000 Syrisch-Orthodoxe, 3.500 bis 4.000 griechisch-orthodoxe Christen und etwa 2.500 Protestanten und Katholiken.

Die Religionsfreiheit sei Teil des Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft, sagte Wulff in seiner Rede vor den Abgeordneten. "Wir müssen religiösen Minderheiten die freie Ausübung ihres Glaubens ermöglichen. Das ist nicht unumstritten, aber es ist notwendig."

19. Oktober 2010