Evangelische Kirche mahnt zum Frieden und kritisiert Atompolitik

Hannover (epd). Mit einer Mahnung zum Frieden in Afghanistan und Kritik an der Atompolitik der Bundesregierung hat am Sonntag in Hannover die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) begonnen. Der hannoversche Bischofsvikar Hans-Hermann Jantzen forderte im Eröffnungsgottesdienst ein Konzept, wie der militärische Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan schnellstmöglich beendet werden kann. Angesichts des Castor-Transports nach Gorleben kritisierte er eine Vorfestlegung auf den Salzstock im Wendland als Endlager für Atommüll.

Jantzen sagte laut vorab veröffentlichtem Predigttext in der hannoverschen Marktkirche: "Lange haben wir uns eingeredet, die Bundeswehr sei zu einem Friedenseinsatz in Afghanistan. Aber je mehr Zivilisten und Soldaten dort getötet werden, desto mehr wächst der Zweifel." Er räumte ein, dass zur Schaffung von Frieden "im äußersten Fall" auch ein militärisches Eingreifen gehören kann, um schlimmeres Unheil zu verhüten. In Afghanistan jedoch müsse dem zivilen Aufbau des Landes stärker als bisher Vorrang eingeräumt werden. Auf "jegliche westliche Überheblichkeit" sei zu verzichten.

Der Lüneburger Landessuperintendent Jantzen leitet als Bischofsvikar übergangsweise die hannoversche Landeskirche, nachdem Bischöfin Margot Käßmann Ende Februar nach einer Alkoholfahrt am Steuer ihres Dienstwagens zurückgetreten war. Käßmann hatte als EKD-Ratsvorsitzende zum Jahreswechsel mit Kritik am Afghanistan-Einsatz eine kontroverse öffentliche Debatte ausgelöst. Der EKD-Ratsvorsitz soll bei der Tagung des Kirchenparlaments am Dienstag neu besetzt werden. Die Wahl des rheinischen Präses Nikolaus Schneider, der bereits die Amtsgeschäfte kommissarisch übernommen hat, gilt als sicher. Die Bischofswahl in der hannoverschen Landeskirche ist für Ende des Monats geplant.

Bischofsvikar Jantzen sagte in dem live im ZDF übertragenen Gottesdienst, nur wenn in der Auseinandersetzung um Gorleben festbetonierte Positionen aufgegeben würden, könne es Frieden geben. "Die wirtschaftlichen Interessen der Energiekonzerne, die bereits getätigten Milliardeninvestitionen dürfen nicht der Maßstab für politische Entscheidungen sein, sondern das, was lebensdienlich und menschengerecht ist", sagte er.

Jantzen lobte den anwesenden Bundespräsidenten Christian Wulff für dessen "deutlichen Worte" in der Integrationsdebatte. "Zu Recht verweisen wir auf unser jüdisch-christliches Wertefundament", sagte der Bischofsvikar. Doch gerade das beinhalte den Abbau von Vorurteilen, statt Ressentiments zu schüren. "Wir dürfen denen, die am rechten Rand der Gesellschaft zündeln, nicht das Feld überlassen", forderte Jantzen.

07. November 2010

Die Predigt des Eröffnungsgottesdienstes im Wortlaut