Theologin Tietz: Kirche soll sich ohne Parteipolitik einmischen

Mainz (epd). Die evangelische Theologieprofessorin Christiane Tietz hält es für richtig, dass sich die Kirche in aktuelle politische Diskussionen einmischt. "Die Kirche besteht nicht aus den besseren Politikern, sie hat die Aufgabe, Politiker daran zu erinnern, sich um Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit zu sorgen", sagte die Mainzer Wissenschaftlerin am Mittwoch in einem epd-Gespräch. Es dürfe allerdings nicht der Eindruck entstehen, man könne als Christ nur in einer einzigen bestimmten Partei Mitglied sein.

Die 43-jährige Theologin war in der vergangenen Woche in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Sie ist Professorin für Systematische Theologie und Sozialethik an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität.

"Insbesondere bei den schwierigen Fragen nach Lebensanfang und Lebensende wird die Kirche ernst genommen", sagte Tietz. Dass es zu komplexen ethischen Problemen wie der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik nicht einmal in der evangelischen Kirche eine einhellige Position gebe, sei kein Mangel. Die Kirche könne auch dann Hilfe leisten, wenn sie Politikern differenzierte Argumente zur Verfügung stelle.

Sollte der Islam in Deutschland künftig eine größere Bedeutung im öffentlichen Leben spielen, sei dies von Vorteil für alle. "Auch der christlichen Religion hat es gut getan, dass sie an Universitäten vorkommt und nicht nur an Bibelschulen", sagte Tietz.

In der Ökumene hält die Theologin, die auch dem bilateralen Arbeitsausschuss der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz angehört, spürbare Fortschritte weiterhin für realistisch. "Insbesondere auf Gemeindeebene und an den Fakultäten gibt es ganz klar den Wunsch nach Ökumene", sagte sie. Das Ziel eines gemeinsamen Abendmahls in katholischen Kirchen zumindest für konfessionsverschiedene Paare sei zu erreichen, wenn auch "noch nicht nächste Woche".

17. November 2010