Bischof Friedrich für Ökumenischen Kirchentag im Luther-Jahr 2017

Hannover (epd). Der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich hat sich für den nächsten Ökumenischen Kirchentag im Jahr des 500. Reformationsjubiläums ausgesprochen. "Aus meiner Sicht geht das nur 2017", sagte der Theologe, der zugleich Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist, in einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Alle Beteiligten hätten in München nach dem diesjährigen zweiten Ökumenischen Kirchentag deutlich gemacht, dass es einen dritten geben müsse.

Von der katholischen Kirche wünscht sich Friedrich bis 2017 die Zulassung von evangelischen Partnern in gemischt-konfessionellen Ehen zur katholischen Eucharistie-Feier. "Ich glaube, dass auch viele katholische Bischöfe dies wollen", sagte das Oberhaupt der bayerischen Protestanten. Die Entscheidung darüber müsse nicht im Vatikan fallen, sondern könne nach katholischem Kirchenrecht in einzelnen Diözesen oder von der Deutschen Bischofskonferenz getroffen werden.

Eine Verständigung auf ein gemeinsames Abendmahl für alle gestaltet sich nach Friedrichs Einschätzung langwieriger. "Das ist eine Frage, die die gesamte katholische Weltkirche entscheiden muss", sagte er. Er rechne nicht damit, dass dies bis 2017 geschehe: "Wir müssen ernst nehmen, dass die katholische Kirche aus ihrer Sicht gute Gründe für ihre Zurückhaltung hat."

Friedrich bekräftigte seine Forderung, das 500. Jubiläum der Reformation ökumenisch zu begehen. Es dürfe nicht der Eindruck vermittelt werden, die Protestanten wollten sich selbst feiern. Niemand könne bestreiten, dass sich die katholische Kirche in Folge der Reformation auch selbst reformiert habe: "Die heutige katholische Kirche ist nicht mehr diejenige, gegen die sich die Reformatoren erhoben haben."

Der höchste Vertreter der deutschen Lutheraner äußerte den Wunsch nach einer Erklärung der Katholiken zur Bedeutung Martin Luthers (1483-1546). Eine Aufhebung des im 16. Jahrhundert ausgesprochenen Banns sei nach seiner Kenntnis nach dem Tod des Betroffenen nicht möglich. "Aber eine Erklärung der katholischen Kirche, sei es der Deutschen Bischofskonferenz, lieber noch des Vatikans zur Bedeutung Martin Luthers und der Reformation hielte ich für wegweisend und auch für möglich", sagte Bischof Friedrich.

Als Vorsitzender der Deutschen Bibelgesellschaft sprach sich Friedrich dafür aus, auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 das Jahr 2015 als "Jahr der Bibel" zu feiern. "Es ist erschreckend, wenn ich aus Umfragen erfahre, wie wenig die Mehrzahl der Menschen von der Bibel weiß", sagte der bayerische Bischof.

20. November 2010


Das Interview im Wortlaut:

Friedrich: Auch Katholiken haben sich reformiert

Oberhaupt deutscher Lutheraner für Ökumenischen Kirchentag in 2017

Hannover (epd). Johannes Friedrich, der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), spricht sich für einen Ökumenischen Kirchentag im Lutherjahr 2017 aus. Bis zum 500. Reformationsjubiläum wünscht sich der bayerische Landesbischof Fortschritte beim Abendmahl durch die Zulassung evangelischer Partner in konfessions-verbindenden Ehen zur katholischen Eucharistie. Die epd-Redakteure Rainer Clos und Thomas Schiller sprachen mit Friedrich über ökumenische Herausforderungen vor dem protestantischen Jubiläumsjahr.

epd: Herr Landesbischof, die evangelische Kirche feiert 2017 das 500. Reformationsjubiläum. Was bedeutet dieses Datum für die Lutheraner in Deutschland?

Friedrich: Es ist eine gute Gelegenheit, sich mit Martin Luther und der Reformation insgesamt zu beschäftigen und zu überlegen: Welche ihrer Aussagen haben eine besondere Bedeutung für uns heute? In welcher Weise kann uns das, was Luther, Melanchthon und die anderen Reformatoren gesagt haben, helfen? Gibt es Antworten für die Probleme, denen wir heute gegenüber stehen?

epd: Welche Meilensteine will die evangelische Kirche noch auf dem Weg bis 2017 setzen?

Friedrich: Es ist für jedes Jahr ein Schwerpunktthema gesetzt. Für mich selbst sind zwei Jahre von besonderer Bedeutung: 2012 mit dem Thema Reformation und Musik und 2015 mit Bild und Bibel. Die Kirchenmusik und ihre Choräle sind eine Besonderheit der evangelischen Kirche. Hier haben wir etwas Besonderes einzubringen. Das zweite Themenjahr ist mir mindestens genauso wichtig: Reformation, Bild und Bibel. Ich möchte unbedingt, dass 2015 wieder ein Jahr der Bibel wird. Zurzeit führen wir viele Gespräche, das ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Es ist erschreckend, wenn ich aus Umfragen erfahre, wie wenig die Mehrzahl der Menschen von der Bibel weiß. Deshalb müssen wir Bibelwissen weiter verbreiten.

epd: Die Bibel als Comic - ist das für Sie eine erträgliche Form?

Friedrich: Ich selbst würde die Bibel nicht als Comic lesen. Aber wenn Comics ordentlich gemacht sind, wenn sie den Kernpunkt der biblischen Botschaft illustrieren und helfen, dass Menschen überhaupt mit der Bibel in Kontakt kommen, dann finde ich das prima.

epd: Es gibt schon viele Debatten darum, wie im Jahr 2017 gefeiert werden soll. Beispielsweise wird seit dem Münchner Ökumene-Treffen im Mai diskutiert, ob es einen Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) geben soll. Halten Sie das Jahr 2017 für einen möglichen Termin?

Friedrich: Ich halte das für sehr gut möglich. Alle aktiv Beteiligten haben in den Schlussgesprächen deutlich gemacht, dass es einen dritten Ökumenischen Kirchentag geben muss. Aus meiner Sicht geht das nur 2017. Zunächst aus pragmatischen Gründen: Es wäre wieder nach sieben Jahren - diese Zeitspanne lag auch zwischen dem ersten und dem zweiten ÖKT. Der wichtigste Punkt ist für mich aber: Wir können heute nicht 500 Jahre Reformation feiern, ohne uns dem Ökumenethema zu stellen.

epd: Was kann man in der Zeit bis 2017 bereits gemeinsam mit der katholischen Kirche erreichen?

Friedrich: Auf katholischer Seite war der Eindruck entstanden, wir wollten 2017 ohne Katholiken feiern. Diese Angst ist jetzt weg. Und man muss gut überlegen, die Feierlichkeiten 2017 so zu gestalten, dass es etwas ökumenisch Verbindendes gibt und nicht den Eindruck vermitteln, als hätten die Protestanten vor, sich selbst zu feiern.

epd: Welches Gastgeschenk wünschen Sie sich denn für 2017 von der katholischen Kirche? Friedrich: Am meisten auf den Nägeln brennt mir das Thema Abendmahl. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir 2017 in Deutschland so weit sind, dass die evangelischen Partner in einer konfessionsverschiedenen Ehe auch zur katholischen Eucharistie zugelassen werden. Ich glaube, dass auch viele katholische Bischöfe dies wollen.

epd: Könnten das die deutschen Bischöfe allein entscheiden?

Friedrich: Es gibt eine entsprechende Bestimmung im kanonischen Recht, in der das ausdrücklich steht, dass eine solche Entscheidung das Recht einzelner Diözesanbischöfe oder Bischofskonferenzen ist. In Kanada oder Australien gibt es bereits solche Beschlüsse.

epd: Wie steht es bis 2017 um das gemeinsame Abendmahl für alle?

Friedrich: Das Thema eines allgemeinen gemeinsamen Abendmahls wird bis dahin nicht so weit sein. Das ist eine Frage, die die gesamte katholische Weltkirche entscheiden muss. Und es wäre kein ökumenisches Verhalten, die Feier 2017 mit den Katholiken vom gemeinsamen Abendmahl abhängig zu machen. Wir müssen ernst nehmen, dass die katholische Kirche aus ihrer Sicht gute Gründe für ihre Zurückhaltung hat.

epd: Und wie sieht es mit dem Bann Luthers aus?

Friedrich: Nach meiner Kenntnis ist eine Aufhebung eines Banns nach dem Tod des Betroffenen nicht mehr möglich, weil mit dem Tod auch der Bann erlischt. Aber eine Erklärung der katholischen Kirche, sei es der Deutschen Bischofskonferenz, lieber noch des Vatikans zur Bedeutung Martin Luthers und der Reformation hielte ich für wegweisend und auch für möglich. Niemand kann bestreiten, dass sich die katholische Kirche in Folge der Reformation auch selbst reformiert hat. Die heutige katholische Kirche ist nicht mehr diejenige, gegen die sich die Reformatoren erhoben haben. Dies könnte die katholische Kirche öffentlich feststellen, ohne eines ihrer Prinzipien zu vernachlässigen.

20. November 2010