Bischof Bohl: Umbruch in China fordert Kirchen heraus

Hannover (epd). Eine Delegation des Chinesischen Christenrates besucht derzeit auf Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kirchliche Einrichtungen und Werke. Schwerpunkt dabei ist den Angaben zufolge die diakonische Arbeit. Die wirtschaftliche Entwicklung in China sei für die dortigen Kirchen eine große Herausforderung, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende und sächsische Bischof Jochen Bohl bei einem Treffen, wie die EKD am Donnerstag in Hannover mitteilte.

Der Landesbischof erinnerte daran, dass die großen gesellschaftlichen Veränderungen im 19. Jahrhundert zur Entstehung der institutionellen Diakonie in Deutschland geführt hatten. Mit der Industrialisierung und Verstädterung seien einerseits Wohlstand, andererseits aber auch soziale Nöte entstanden, die Christen zur tätigen Nächstenliebe bewegt hätten.

Der Diakonie-Beauftragte des Chinesischen Christenrates, Paul Wang, nannte die Situation der Wanderarbeiter, die ihre Familien auf dem Land zurückließen, um in den Städten Arbeit zu finden, eine besondere Herausforderung für die Kirchen. China sei wegen der staatlich verordneten Ein-Kind-Politik eine schnell alternde Gesellschaft. Die Kirche sei gefordert, sich in der Pflege alter Menschen zu bewähren.

Unter dem Dach des 1980 gegründeten Chinesischen Christenrates sind in der Volksrepublik rund 17 Millionen evangelische Christen organisiert, die zu staatlich registrierten Kirchengemeinden gehören. Daneben gibt es zahlreiche evangelische Gemeinden, die zur sogenannten Hauskirchenbewegung mit schätzungsweise etwa 20 Millionen Mitgliedern gehören. Die Delegation unter Leitung des Präsidenten des Christenrates, Pfarrer Feng Gao, besuchte unter anderem das Krankenhaus und Pflegeeinrichtungen der Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf, wo vor 175 Jahren die weltweite Diakonissenbewegung entstand.

Der Generalsekretär des Christenrates, Baoping Kann, sagte, das soziale Engagement der Kirche werde vom chinesischen Staat finanziell unterstützt. Noch nie seien die Freiräume für diakonische Aktivitäten so groß gewesen wie heute. Die chinesische Delegation hatte zuvor den Weltkirchenrat in Genf und den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund in Bern besucht. An diesem Freitag werden die Vertreter des Christenrates im Nordelbischen Missionszentrum in Hamburg erwartet.

09. Dezember 2010