EKD: Neuer Diakonie-Präsident hat "Herz für die Ärmsten"

Hannover/Kassel (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, hat dem neuen Präsidenten des Diakonischen Werkes, Johannes Stockmeier, zu seiner Wahl gratuliert. Stockmeier bringe "ein kämpferisches Herz für die Ärmsten unserer Gesellschaft" in das Amt mit, erklärte Schneider am Donnerstag in Hannover. Er trete zudem in einer "schwierigen Zeit" an. In den kommenden Jahren wollen das Diakonische Werk und der Evangelische Entwicklungsdienst fusionieren, neuer Standort wird Berlin.

Stockmeiers bisheriges Engagement für Diakonie und Ökumene und die enge Verzahnung von Kirche und Diakonie in Baden seien "hilfreiche Gaben für die anstehenden Veränderungsprozesse im Diakonischen Werk der EKD", so Präses Schneider weiter: "Aufgrund Ihres langjährigen Wirkens als Hauptgeschäftsführer des Diakonischen Werkes in Baden und Mitglied des Diakonischen Rates, aber auch als Pfarrer und Dekan bringen Sie für die vor Ihnen liegenden Aufgaben viele wertvolle Erfahrungen mit."

Die Diakonische Konferenz, die Bundesversammlung des Wohlfahrtsverbandes, wählte den 62-jährigen Stockmeier am Donnerstag in Kassel an die Spitze des Verbandes. Stockmeier war bislang Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werkes in Baden. Als Präsident folgt er Klaus-Dieter Kottnik, der im September aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war.

09. Dezember 2010


Geprägt vom "Armenpfarrer" von Nürnberg

Johannes Stockmeier ist für drei Jahre Präsident der Diakonie

Von Ralf Schick (epd)

Kassel (epd). Der neue Diakonie-Präsident gibt sich unempfindlich. "Für mich ist das kein Makel, nur ein Übergangs-Präsident zu sein", sagt Johannes Stockmeier, der am Donnerstag in Kassel an die Verbandsspitze gewählt wurde und die Bundesdiakonie nach dem Rücktritt von Vorgänger Klaus-Dieter Kottnik aus der Vertrauenskrise führen soll. Der 62-jährige Theologe will das in einer auf drei Jahre verkürzten Amtszeit schaffen. Seine Stärken, die er dafür mitbringt, sind, wie er sagt, die Fähigkeit, gut zuhören zu können, und "eine kräftige Portion Humor". Hinzu kommen zwölf Jahre Erfahrung als Diakoniechef in Baden.

Stockmeiers Leidenschaft gehört der Literatur. Thomas Manns "Joseph und seine Brüder" steht ganz oben auf der persönlichen Bücherhitliste, am liebsten aber liest und sammelt er Gedichte von Hölderlin, Rilke und Hilde Domin. Viel Zeit wird ihm für sein Hobby in den kommenden drei Jahren kaum bleiben, wenn der Theologe als neuer Präsident des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Bundesbühne betritt.

Stockmeier muss Ordnung in den Verband bringen, der immerhin 28.000 soziale Einrichtungen mit knapp 450.000 Beschäftigten vertritt. Nach Kritik an der Vergabe von Beraterverträgen und der damit verbundenen Trennung von einem Referenten im Präsidialbüro trat Präsident Kottnik Ende September für viele überraschend aus gesundheitlichen Gründen zurück. Nun ist es an Stockmeier, das Ansehen der Diakonie wieder herzustellen und zugleich den Fusionsplan mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) möglichst ohne weitere Reibungsverluste umzusetzen. Bis Ende 2012 sollen die beiden großen Hilfswerke der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter einem Dach in Berlin verschmelzen.

Diakonie, Mission und Ökumene liegen dem begeisterten Bergwanderer besonders am Herzen. Sein diakonischer Lebensweg beginnt schon in jungen Jahren, als er bei den Großeltern aufgezogen wurde. Beide Großväter waren Theologen, einer der beiden wurde als "Armenpfarrer" von Nürnberg bezeichnet, was den Theologen Stockmeier schon früh geprägt haben dürfte.

"Hinschauen, dranbleiben und nicht weglaufen" vor den Problemen der Gesellschaft nennt Stockmeier die Voraussetzungen für seinen Weg von der ersten Pfarrstelle im nordbadischen Wertheim über seine Zeit als Dekan von Konstanz bis zum Vorstandsvorsitzenden der badischen Diakonie. Sein Handeln in den verschiedenen Funktionen und Gremien sei der Leidenschaft für eine diakonische Mission geschuldet, sagt Stockmeier, weshalb er auch mit 62 Jahren noch einmal Neues wagt und das Präsidentenamt im fernen Berlin antritt.

Der Theologe gilt als Mannschaftsspieler, der wichtige Entscheidungen nicht allein im stillen Kämmerlein trifft. Und als hartnäckig: Erst vor kurzem hatte Stockmeier die baden-württembergische Landesregierung wiederholt dazu aufgefordert, einen Armutsbericht vorzulegen. Die aber weigert sich, dem diakonischen Wunsch nachzukommen. Bei der Sitzung der Bundesversammlung der Diakonie im Oktober in Karlsruhe kündigte der Verbandschef deshalb an, selbst entsprechende Daten zusammenzustellen. "Dann", so Stockmeier, "werde sichtbar, welche Reformen notwendig sind."

Vor seiner Zeit als badischer Diakoniechef war der Theologe zehn Jahre lang Dekan in Konstanz. Der gebürtige Oberfranke studierte nach Abitur und Grundwehrdienst in Erlangen und Heidelberg Theologie. Nach seinem Pfarrvikariat in Tauberbischofsheim und Wertheim-Bestenheid wurde er dort 1979 Pfarrer. Von 1978 bis 1988 war er zudem Mitglied der Landessynode.

09. Dezember 2010