EKD-Militärbischof rügt fehlendes Afghanistan-Konzept

Wuppertal (epd). Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann vermisst weiter ein Konzept für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. "Eine Konzeption im engeren Sinn kenne ich nicht", kritisierte er am Freitag in Wuppertal. Auch die Ziele des Einsatzes seien schwammig und würden immer wieder verändert. Als unerträglich bezeichnete es der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dass der deutsche Afghanistan-Einsatz bis heute nicht umfassend evaluiert worden sei.

Dutzmann erneuerte die Forderung der evangelischen Kirche nach einem zivilen Mandat für das deutsche Engagement in dem Land am Hindukusch. Der Bundestag dürfe nicht nur immer wieder das militärische Mandat verlängern, sondern müsse auch konkrete zivile Aufgaben und Zielsetzungen benennen, sagte Dutzmann in einem Vortrag vor Studenten der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel. Zivile Möglichkeiten müssen Vorrang vor militärischen Mitteln haben, betonte der Theologe, der auch Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche ist.

Dutzmann warnte zudem vor einem "schleichenden Übergang von der Friedenssicherung zu eigener militärischer Aggression" mit dem Ziel, eine westliche Werteordnung zu etablieren. Die gewachsene Gefährdung der Bundeswehr-Soldaten durch Anschläge der islamistischen Aufständischen hat nach seiner Beobachtung dazu geführt, dass die Soldaten die afghanischen Zivilisten häufig nur noch als potenzielle Attentäter wahrnehmen könnten.

In Deutschland ist nach Einschätzung des Militärbischofs nicht hinreichend bekannt, welch großen Gefahren die Soldaten im Afghanistan-Einsatz ausgesetzt seien. Die Öffentlichkeit werde darüber nicht ausreichend informiert. Es seien Szenarien mit Dutzenden Opfern denkbar. Bislang starben bei dem vor neun Jahren begonnenen Einsatz 43 Bundeswehrsoldaten, 140 wurden verletzt.

11. Dezember 2010