Kauder für stärkeres Engagement zugunsten irakischer Christen

Frankfurt a.M. (epd). Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) verlangt ein stärkeres deutsches Engagement für Christen im Irak. Deutschland sollte Entwicklungszusammenarbeit anbieten, "die selbstverständlich auch finanzielles Engagement umfasst", schreibt Kauder in einem am Mittwoch veröffentlichten Gastbeitrag für das Internetportal "evangelisch.de". Das würde neue Arbeitsplätze schaffen und langfristig die christliche Gemeinschaft stärken.

Zugleich würden aus Sicht Kauders christlich betriebene Schulen und Krankenhäuser, die allen Irakern offenstehen, die Aussöhnung zwischen den verschiedenen Gruppen im Land voranbringen. "Bis Christen wieder sicher und gleichberechtigt im Irak leben können, ist es jedoch ein weiter Weg", räumte Kauder ein.

2009 habe Deutschland 2.500 irakische Flüchtlinge aufgenommen. "Dies war ein wichtiger Schritt, um den besonders Hilfsbedürftigen beizustehen", schreibt Kauder. In einem nächsten Schritt müsse es allerdings darum gehen, neue Hoffnung vor Ort zu schaffen.

Zunächst sei die irakische Regierung aufgefordert, mehr für die Sicherheit der Christen zu unternehmen. Angehörige religiöser Minderheiten seien überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen, weil sie in besonderer Weise von Extremisten verfolgt würden und sich weniger als andere auf den Schutz durch Sicherheitskräfte verlassen könnten.

Kauder sprach sich für ein "klares Signal" des Bundestages zugunsten christlicher Präsenz im Irak aus. Am Freitag wird das Parlament auf Antrag der Regierungsfraktionen von Union und FDP über eine Erklärung zum weltweiten Schutz der Religionsfreiheit entscheiden.

15. Dezember 2010


Der Gastbeitrag im Wortlaut:

"Christen im Irak brauchen unsere Unterstützung jetzt"

Von Volker Kauder

Auch in diesem Jahr wird in den Kirchen in Deutschland wieder die Weihnachtsgeschichte gelesen werden. Dann werden auch die drei Weisen aus dem Morgenland vorkommen, die dem Stern bis nach Bethlehem folgten und beim Anblick des Kindes niederfielen und es anbeteten. In einigen Übersetzungen werden diese Weisen auch als Sterndeuter bezeichnet. Das Wissen über Sterne und Planeten war vor allem im damaligen Babylon weit verbreitet. Seine Bewohner hatten sich einen guten Ruf in dieser Wissenschaft erworben und wurden von den Nachbarvölkern oft pauschal als Sterndeuter bezeichnet. Es ist daher anzunehmen, dass die Weisen aus dem Morgenland aus dem Gebiet des heutigen Iraks kamen.

Aus dieser Gegend erreichen uns dieser Tage besonders schockierende Nachrichten. Ende Oktober stürmte ein Al-Qaida-Kommando eine Sonntagsmesse in Bagdad und nahm die Gottesdienstbesucher als Geiseln. Als die irakischen Sicherheitskräfte die Kirche befreit hatten, zählten sie über 50 Getötete. Die Gewalt ist im Irak allgegenwärtig und sie trifft alle. Angehörige religiöser Minderheiten sind jedoch überdurchschnittlich häufig betroffen, weil sie in besonderer Weise von den Extremisten verfolgt werden und sich weniger als andere auf den Schutz durch die Sicherheitskräfte verlassen können. Es ist also notwendig auch im Bundestag auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen.

Die Christen wollen sich nicht aus dem Irak vertreiben lassen

Für verfolgte und bedrängte Christen interessierte sich bei uns lange Zeit kaum jemand. Mit der christlich-liberalen Koalition hat sich dies geändert. Wir haben Religionsfreiheit zu einem wichtigen Anliegen gemacht und uns im Koalitionsvertrag zum Einsatz für verfolgte Christen verpflichtet. Meine Reisen als Fraktionsvorsitzender in Länder, in denen Christen diskriminiert werden, sind Zeichen der Solidarität mit ihnen. So habe ich in den letzten Jahren Christen in China, in Malaysia, in Indonesien und auch in der der Türkei besucht. Wenn wir am Freitag im Deutschen Bundestag auf Antrag der Koalitionsfraktionen über Religionsfreiheit diskutieren, wird auch die Situation der verfolgten Christen zur Sprache kommen.

Mindestens die Hälfte der irakischen Christen hat in den vergangenen Jahren das Land verlassen und täglich gehen weitere Familien. Angesichts dieser Realität hat mich in Gesprächen der Mut und Durchhaltewillen der irakischen Bischöfe tief beindruckt. Christen leben im Irak mit dem Bewusstsein einer 2000-jährigen Geschichte. Aus ihrer Heimat wollen sie sich nicht vertreiben lassen. Sie sehen, dass ihre Präsenz eine wichtige Rolle für mehr Frieden und Toleranz in der Region spielen kann. Hierbei haben die Christen im Irak unsere Unterstützung verdient.

Zunächst einmal ist jedoch die irakische Regierung aufgefordert, mehr für die Sicherheit der Christen zu unternehmen. Es ist Aufgabe der deutschen Außenpolitik, gegenüber den irakischen Vertretern einzufordern, dass Christen besser geschützt und als gleichberechtigte Bürger im Irak leben können. Ich bin Außenminister Guido Westerwelle dankbar, dass er diese Erwartungen bei seinen Gesprächen in Bagdad sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hat.

Die positiven Erfahrungen der Iraker mit Christen wiederholen

Bis Christen wieder sicher und gleichberechtigt im Irak leben können, ist es jedoch ein weiter Weg. Viele von ihnen leben heute als Flüchtlinge in den Nachbarländern. Im Jahr 2009 hat Deutschland in einem humanitären Akt 2.500 irakische Flüchtlinge aufgenommen. Dies war ein wichtiger Schritt um den besonders Hilfsbedürftigen beizustehen. In einem nächsten Schritt muss es allerdings darum gehen, neue Hoffnung vor Ort zu schaffen. Viele der im Irak gebliebenen Christen leben heute in den Kurdengebieten im Norden des Landes. Neben Wohnraum mangelt es ihnen dort vor allem an Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeit. Sie bleiben auf Hilfe von außen und das Wohlwollen der lokalen Regierung angewiesen.

In der Vergangenheit haben die Christen im Irak angesehene Schulen und gut funktionierende Krankenhäuser betrieben. Sie haben sich damit bei breiten Bevölkerungsschichten hohes Ansehen erworben. Wollen wir die Christen im Irak unterstützen, müssen wir ihnen helfen, diese positiven Erfahrungen zu wiederholen. Deutschland sollte hier Entwicklungszusammenarbeit anbieten, die selbstverständlich auch finanzielles Engagement umfasst. Dies würde neue Arbeitsplätze schaffen und langfristig die christliche Gemeinschaft stärken.

Jeder sollte sich fragen, was er beitragen kann

Zugleich wären christlich betriebene Schulen und Krankenhäuser, die allen Irakern offen stehen, ein Weg, die Aussöhnung zwischen den verschiedenen Gruppen voranzubringen. Vom Deutschen Bundestag wird am Freitag ein klares Signal ausgehen, dass Deutschland diese Vision christlicher Präsenz im Irak mit Rat und Tat unterstützt.

Aber nicht nur die Politik ist hier aufgerufen: Wenn in diesem Jahr die Weihnachtsgeschichte gelesen wird, sollten wir uns an unsere Glaubensbrüder und -schwestern im Irak erinnern, die eine Zeit schlimmer Drangsal durchleiden. Hier sind wir alle aufgerufen und jeder sollte sich fragen, was er beitragen kann, dass von unserem Weihnachtsfest die Botschaft ausgeht, dass wir verfolgte Christen nicht allein lassen.

Volker Kauder ist Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, evangelisch und seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages

Quelle: Evangelisch.de vom 15. Dezember