Schweizer Theologe Müller sieht Taufen als Chance für die Kirche

Frankfurt a. M. (epd). Der Schweizer Theologieprofessor Christoph Müller hat die Kirche aufgefordert, bei Taufen stärker die Lebenswirklichkeit der Menschen in den Blick zu nehmen. "Wenn die Kirche diesen Perspektivwechsel nicht vollzieht, hat sie keine Zukunft", sagte Müller in einem epd-Gespräch. Die Taufe sei eine Chance, den Menschen zu zeigen, dass sich die Kirche für sie und das, "was sie berührt, bewegt, herausfordert", interessiert.

"Die Kirche hat an selbstverständlicher Macht verloren", sagte der Berner Professor in dem Gespräch zum "Jahr der Taufe" 2011. Gleichzeitig sei die Taufe ein Ort, an dem auch Menschen, die der Kirche distanziert gegenüber stehen oder aus ihr ausgetreten sind, mit dem christlichen Glauben in Berührung kommen. "Es hängt viel davon ab, wie diese Begegnung mit der Kirche abläuft", sagte Müller.

Die Geburt eines Kindes sei eine "umstürzende Veränderung in der Familie", sagte der 66-Jährige. Aber auch die Beziehung zwischen Vater und Mutter ändere sich durch die Geburt. Die Taufe sei das "Fest der unbedingten göttlichen Zuwendung". In der Taufe werde gefeiert, was für das Leben grundlegend ist. Der inzwischen emeritierte Theologieprofessor hat sich im Rahmen eines nationalen Forschungsprogramms zu Ritualen in Familien mit der Taufe beschäftigt und hierzu zahlreiche Interviews mit Eltern, Großeltern, Paten und Täuflingen geführt.

Von den Pfarrern erwartet der Theologe eine religiöse "Mehrsprachigkeit". Dazu gehöre das Interesse für das Leben der Menschen sowie die Fähigkeit, "elementare Aspekte des christlichen Glaubens in der Lebenswelt der Menschen zu entdecken und in ihre Sprache zu übersetzen". Wenn Pfarrer eine "menschlich überzeugende Gesprächsatmosphäre schaffen, finden sie einen Draht zu den Leuten", sagte Müller.

In der Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017 wird die evangelische Kirche das Jahr 2011 unter das Thema Taufe und Freiheit stellen. Mit der Taufe wird der Täufling in die christliche Gemeinschaft aufgenommen. Bei dem Ritus wird er mit Wasser übergossen, manchmal wird aber auch der ganze Körper unter Wasser getaucht.

29. Dezember 2010