EKD-Ratsvorsitzender: Afghanistan-Debatte wird differenzierter

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat nach den Worten ihres Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider inzwischen eine differenziertere Sicht auf den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr als noch zu Zeiten von Margot Käßmann. Die innerkirchliche Diskussion sei "kundiger" geworden, sagte Schneider der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Mittwochsausgabe).

"Wir fragen genauer nach, was das Militär tut und welche Entscheidungen die Politik trifft, wir sind besser über die Arbeit der Seelsorger vor Ort informiert und schauen sensibler auf die seelischen und körperlichen Verletzungen unserer Soldaten", erklärte der rheinische Präses. Dadurch habe sich die Tonlage bei der Bewertung des Einsatzes durch die evangelische Kirche geändert. Hierzu habe beigetragen, dass "in der Politik mittlerweile gehört wird, was wir anmahnen".

Käßmann hatte vor einem Jahr als damalige EKD-Ratsvorsitzende in einer Neujahrspredigt den Bundeswehr-Einsatz heftig kritisiert. Vor allem ihr Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus.

Schneider hob hervor, dass der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats positive Seiten habe. Er begrüßte, "dass die von uns geforderte Aufstockung der Mittel für die zivile Aufbauarbeit zumindest teilweise erfolgt ist und eine Evaluation des Einsatzes vorgenommen wurde, die ich allerdings nicht als 'Fortschrittsbericht', sondern als 'Statusbericht' bezeichnen würde".

Gleichwohl wies Schneider auf "Klärungsbedarf" hin. So müsse verdeutlicht werden, "wie man vernetzte Sicherheit durch ein Zusammenwirken von polizeilichen und zivilen Aufgaben gewährleisten will. Zudem hätten wir uns eine Mandatierung auch des zivilen Aufbaus durch den Bundestag gewünscht."

Die EKD werde nun "mit der Politik gemeinsam diskutieren, wie Deutschland die Verantwortung in geeigneter Weise an die afghanische Regierung übergeben kann, damit wir keine Besatzer werden." Auf einem konkreten Abzugstermin bestehe die Kirche dabei nicht. "Doch muss es einen verbindlichen zeitlichen Rahmen geben, in dem die Voraussetzungen für eine Übergabe der Verantwortung zu schaffen sind."

19. Januar 2011