Evangelische Kirche diskutiert Zulassung von Gentests an Embryonen

Berlin (epd). Die evangelische Kirche denkt über ihre Haltung zu Gentests an Embryonen nach. Bei einer Podiumsdiskussion zur umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) am Mittwochabend in Berlin verwies der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider vor allem auf seelsorgerliche Erwägungen bei der christlich-ethischen Urteilsbildung. Die Situation der Mütter und der Familien dürfe nicht aus dem Blick geraten. Die konkreten Nöte und Fragen der Menschen müssten ernst genommen werden.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Peter Hintze (CDU), betonte, die Gentests seien eine "medizinische Hilfe für Eltern in einer sehr bedrängten Situation" und damit "ein Gebot der Vernunft und der Nächstenliebe". Durch Embryonentests könnten Schwangerschaftsabbrüche in einem späteren Stadium vermieden werden, sagte der evangelische Theologe. Hintze trägt einen fraktionsübergreifenden Antrag im Bundestag mit, der eine Zulassung von Embryonentests für alle Paare vorsieht, die Träger einer Erbkrankheit sind oder eine Prognose für eine Fehl- oder Totgeburt haben.

Demgegenüber lehnt der Heidelberger Theologieprofessor Wilfried Härle Tests an Embryonen gänzlich ab. "Von der Befruchtung an haben wir es mit menschlichem Leben zu tun, das Schutz vor Tötung verdient", sagte das ehemalige Mitglied der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin. Nur der Konflikt Leben gegen Leben erlaube es nach deutscher Rechtsprechung, "das Schlimmste zu tun, nämlich Leben zu töten". Bei der PID bestehe dieser Konflikt allerdings nicht. "Ein gutes Gesetz kann nur das Verbot der PID sein", so der Theologe.

Auch die Medizinerin und Geschäftsführerin der Lebenshilfe, Jeanne Nicklas-Faust, lehnt die Präimplantationsdiagnostik ab. Diese mache den Menschen zum Objekt, sagte die Professorin an der evangelischen Fachhochschule in Berlin. Embryonentests seien mit der Würde des Menschen nicht vereinbar. Nach Ansicht von Nicklas-Faust beginnt menschliches Leben mit der Verschmelzung von Eizelle und Samen. "Alle Grenzen, die später gesetzt werden, sind willkürlich." Die Medizinerin fürchtet, dass es bei einer Zulassung von Embryonentests zu einer immer weiteren Ausweitung von Tests kommen wird.

Bei der Präimplantationsdiagnostik werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten gentechnisch untersucht. Mit dem Verfahren, das eine Selektion der Embryonen ermöglicht und so die Weitergabe genetischer Erbkrankheiten verhindern soll, können aber auch das Geschlecht und weitere Merkmale untersucht werden. Eine Neuregelung steht an, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte.

Die EKD hatte sich 2003 für ein PID-Verbot ausgesprochen, der Rat der EKD will die Haltung jedoch auf Initiative Schneiders neu diskutieren. Der Ratsvorsitzende und rheinische Präses hält eine Anwendung der PID unter strengen Auflagen für denkbar. Während es innerhalb der evangelischen Kirche unterschiedliche Positionen zu dem Thema gibt, ist die katholische Kirche klar gegen die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik.

27. Januar 2011

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EKD-Ratsvorsitzender: Auch seelsorgerliche Aspekte bei PID beachten

Berlin (epd). In der Diskussion um die Zulassung von Gentests an Embryonen hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, dazu aufgerufen, die Situation der werdenden Mütter und der Familie nicht aus dem Blick zu verlieren. Die konkrete Not und Fragen von Menschen im Blick auf Verheißungen und Lasten der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) müssten ernst genommen werden, sagte Schneider bei einer Diskussionsveranstaltung am Mittwochabend in Berlin.

Für die christlich-ethische Urteilsbildung müssten neben theologischen immer auch seelsorgerliche Erwägungen berücksichtigt werden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende und rheinische Präses weiter. Gleichzeitig betonte er: "Ich gehe davon aus, dass Gott jeden einzelnen Menschen schon vor seiner Geburt bei seinem Namen gerufen hat, kennt und liebt." Daher müsse der genauen Zeitpunkt für die Personwerdung des Menschen vor Gott diskutiert werden. "Denn der Schutz des menschlichen Lebens ist uns aufgegeben - von Anfang an", betonte der Theologe.

Bei der Präimplantationsdiagnostik werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten gentechnisch untersucht. Mit dem Verfahren, das eine Selektion der Embryonen ermöglicht und so die Weitergabe genetischer Erbkrankheiten verhindern soll, können aber auch das Geschlecht und weitere Merkmale untersucht werden. Eine Neuregelung steht an, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte.

Die EKD hatte sich 2003 für ein PID-Verbot ausgesprochen, will ihre Haltung aber auf Initiative Schneiders neu diskutieren. Der Ratsvorsitzende hält eine Anwendung der PID unter strengen Auflagen für denkbar. Während es innerhalb der evangelischen Kirche unterschiedliche Positionen zu dem Thema gibt, ist die katholische Kirche klar gegen die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik.

27. Januar 2011