Landesbischof: Rolle der Pfarrer ist in einem Veränderungsprozess

Stuttgart (epd). Die Rolle des evangelischen Pfarrers und Pfarrhauses in den Städten befindet sich nach Auffassung des württembergischen evangelischen Landesbischofs Frank Otfried July in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. "Die Situation hat sich im Gegensatz zu früher komplett geändert", sagte July bei am Mittwochabend in Stuttgart. Als Beispiele nannte er anonymisierte Pfarrhäuser und die veränderte Rolle der Ehepartner. Bundesweit gibt es rund 22.000 evangelische Pfarrer, davon sind etwa 14.300 in Kirchengemeinden tätig.

Während "das Pfarrhaus" in früheren Zeiten ein identitätsstiftendes Merkmal gewesen und dies im ländlichen Bereich bis heute sei, gebe in den Städten eine völlig andere Entwicklung. Dort gebe es Pfarrhäuser, "die anonymisiert und nicht mehr erkennbar sind", sagte July. Bisweilen würden Türschilder über Anwesenheiten des Pfarrers informieren, "wie bei der Sprechstunde eines Arztes." Das wolle er nicht kritisieren, ergänzte der Bischof. Es zeige aber die tiefgreifende Veränderung.

Auch wohnten immer häufiger Alleinstehende in einem Pfarrhaus. "Für viele ist es, beispielsweise wegen der hohen Energiekosten, eine enorme Belastung, alleine in ein riesiges Pfarrhaus zu ziehen", sagte July dem epd. "Da müssen wir eine Lösung finden." Anders als früher seien heute häufig die Ehepartner von Pfarrern und Pfarrerinnen selbst berufstätig. Einen vollen Einsatz für die Kirchengemeinde wie die fast zur Institution gewordene "Pfarrfrau" könnten sie nicht mehr leisten. Umso dankbarer müsse die Kirche für den ehrenamtlichen Einsatz der Ehepartner sein, sagte der Landesbischof.

Auch die Rolle des Pfarrers habe sich verändert. "Früher hat das Amt den Pfarrer getragen, heute muss die Person das Amt tragen", formulierte July. In vergangenen Zeiten habe sich der Pfarrer von vornherein den Erwartungen und der Dankbarkeit der Menschen sicher sein können. Heute müsste er um Akzeptanz kämpfen. Das gelinge vor allem dann, wenn der Pfarrer authentisch und glaubwürdig sei. Für viele Menschen repräsentiere die Person des Geistlichen in der Gemeinde die Kirche. Der Pfarrer, sagte July, sei oft der Grund für Wiedereintritte, aber auch für Austritte.

03. Februar 2011