Evangelische Kirchen in Europa bereiten Position zu Sterbehilfe vor

Tutzing (epd). Die evangelischen Kirchen in Europa bereiten eine gemeinsame Position zur Sterbehilfe vor. Auf einer Fachtagung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) beraten Vertreter von 105 Kirchen bis Mittwoch im bayerischen Tutzing ein Papier unter dem Titel "Eine Zeit zum Leben, eine Zeit zum Sterben". Im Anschluss an die Fachtagung will das Leitungsgremium der Kirchengemeinschaft die Orientierungshilfe verabschieden.

Der Zusammenschluss von 105 protestantischen Kirchen hatte 2008 einen Konsultationsprozess zu Fragen der Sterbebegleitung und Sterbehilfe eröffnet. Unterschiedliche Regelungen in den europäischen Staaten sowie Sterbehilfe-Entscheidungen des Europarates und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte machten es dringlich, dass sich die Kirchen in Europa auf gemeinsame Positionen verständigten, argumentiert die GEKE.

Die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler warnte davor, das Sterben planen zu wollen oder gar ökonomischen Zwängen zu unterwerfen. Der Erwartungsdruck an die Menschen steige zunehmend. Viele hätten das Gefühl, das eigene Sterben managen und "für die eigene Entsorgung sorgen" zu müssen, sagte die Theologin.

Das Sterbehilfe-Papier der europäischen Kirchen müsse an einigen Stellen noch präzisiert werden, forderte Breit-Keßler. So werde der Begriff "Euthanasie" an einer Stelle als "ethisch tief problematisch" betrachtet. Diese Formulierung werde weder den Geschehnissen in der NS-Zeit noch der gegenwärtigen Dramatik des Themas gerecht. Es dürfe nicht dazu kommen, dass der "unselige nationalsozialistische Begriff" vom "lebenswerten Leben", der immer auch die Vorstellung von "lebensunwertem Leben" transportiere, wieder gesellschaftsfähig werde.

In einem Grußwort sagte der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Johannes Friedrich, das moderne Menschenbild bedrohe das Lebensrecht Alter, Kranker und Behinderter. Besondere Aufgabe der Kirchen sei es, auf der Seite der Leidenden, Schwachen und Sterbenden zu stehen. Der Wille des Einzelnen könne allerdings nicht zur alleinigen Norm erhoben werden, wenn er etwa aktive Sterbehilfe wünsche, sagte Landesbischof Friedrich.

08. Februar 2011