Geprägt vom "Armenpfarrer" von Nürnberg - Johannes Stockmeier ist für drei Jahre Präsident der Diakonie

Berlin (epd). Der neue Präsident der Diakonie, Johannes Stockmeier, gibt sich unempfindlich. "Für mich ist das kein Makel, nur ein Übergangs-Präsident zu sein", sagt der Theologe, der am Freitag in Berlin feierlich in sein neues Amt an der Spitze des evangelischen Wohlfahrtsverbandes eingeführt worden ist. Der 62-Jährige will die Diakonie in einer auf drei Jahre verkürzten Amtszeit aus der Vertrauenskrise herausführen. Seine Stärken, die er dafür mitbringt, sind, wie er sagt, die Fähigkeit, gut zuhören zu können, und "eine kräftige Portion Humor". Hinzu kommen 13 Jahre Erfahrung als Diakoniechef in Baden.

Der neue Diakonie-Präsident hat nach eigenen Worten "ein kämpferisches Herz für die Ärmsten unserer Gesellschaft", und er hat "das Konzept einer diakonischen Kirche stets strategisch weiterentwickelt". Die Lobesworte vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, und dem badischen Landesbischof Ulrich Fischer sollen Stockmeier Mut machen, nach dem Rücktritt von Vorgänger Klaus-Dieter Kottnik wieder Ordnung in den Verband zu bringen, der immerhin 28.000 soziale Einrichtungen mit knapp 450.000 Beschäftigten vertritt.

Nach schweren Fehlern bei der Vergabe von Beraterverträgen und der damit verbundenen Trennung vom persönlichen Referenten des Präsidenten trat Kottnik Ende September 2010 vom Spitzenamt zurück. Nun ist es an Stockmeier, das Ansehen der Diakonie wiederherzustellen und außerdem den Fusionsplan mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) möglichst ohne weitere Reibungsverluste umzusetzen. Bis Ende 2012 sollen die beiden großen Hilfswerke der EKD unter einem Dach in Berlin verschmelzen.

Diakonie, Mission und Ökumene liegen dem begeisterten Bergwanderer besonders am Herzen. Sein diakonischer Lebensweg beginnt schon in jungen Jahren, als er bei den Großeltern aufgezogen wurde. Beide Großväter waren Theologen. Einer der beiden wurde als "Armenpfarrer" von Nürnberg bezeichnet, was Stockmeier schon früh geprägt haben dürfte.

"Hinschauen, dranbleiben und nicht weglaufen" vor den Problemen der Gesellschaft nennt der Theologe die Voraussetzungen für seinen Weg von der ersten Pfarrstelle im nordbadischen Wertheim über seine Zeit als Dekan von Konstanz bis zum Vorstandsvorsitzenden der badischen Diakonie. Sein Handeln in verschiedenen Funktionen und Gremien sei der Leidenschaft für eine diakonische Mission geschuldet, sagt Stockmeier, weshalb er auch mit fast 63 Jahren noch einmal Neues wagt und das Präsidentenamt in Berlin antritt.

Stockmeiers bisheriges Engagement für Diakonie und Ökumene und die enge Verzahnung von Kirche und Diakonie in Baden seien "hilfreiche Gaben für die anstehenden Veränderungsprozesse im Diakonischen Werk der EKD", sagte der Ratsvorsitzende Schneider im Dezember bei der Wahl Stockmeiers, der als einziger Kandidat angetreten war.

Vor seiner Zeit als badischer Diakoniechef war der Theologe zehn Jahre lang Dekan in Konstanz. Der gebürtige Oberfranke studierte nach Abitur und Grundwehrdienst in Erlangen und Heidelberg Theologie. Nach seinem Pfarrvikariat in Tauberbischofsheim und Wertheim-Bestenheid wurde er dort 1979 Pfarrer. Von 1978 bis 1988 war er zudem Mitglied der Landessynode.

11. Februar 2011