Bankdirektorin Thieme: Kirche muss Dialog mit Verantwortungsträgern pflegen

Hannover (epd). Die Direktorin der Deutschen Bank, Marlehn Thieme, wünscht sich in Deutschland mehr Gespräche zwischen Verantwortungsträgern aus Politik, Kirche, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. "Wir brauchen so etwas wie eine alltagstaugliche Ethik", sagte Thieme in Hannover bei einer Diskussion des Hanns-Lilje-Forums. Dabei müssten angesichts einer immer mobiler und internationaler ausgerichteten Gesellschaft immer wieder Freiheiten und Grenzen ausgelotet werden.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) werde demnächst ein Papier "Evangelische Verantwortungseliten" veröffentlichen, von dem sie sich dazu Impulse erhoffe, sagte Thieme, die dem Rat der EKD angehört. Dabei müsse sich die Kirche einerseits den Herausforderungen des digitalen Zeitalters und der neuen Medien stellen. Zugleich sei jeder einzelne Pastor gefragt, mit Verantwortungsträgern in seiner Gemeinde im Kontakt zu bleiben. "Je mehr sich die Kirche in praktischen Fragen äußert, desto mehr wird sie gehört."

In einem Unternehmen, das wie die Deutsche Bank international tätig ist, müsse die ethische Diskussion auch über religiöse und nationale Zusammenhänge hinaus geführt werden. Vertrauen in Verantwortungsträger sei so etwas wie die "stille Rücklage" eines Kaufmannes, erläuterte Thieme. "Es verbraucht sich ganz schnell, wenn Risiken eintreten." Dies zeige etwa eine Allensbach-Umfrage zur Finanzkrise, nach der nur noch 38 Prozent der Bundesbürger eine gute Meinung von der sozialen Marktwirtschaft hätten.

In der Diskussion zum Thema "Verantwortungsträger - Was fördert Vertrauen?" betonte der Chefredakteur des evangelischen Magazins "chrismon", Arnd Brummer: "Kommunikation ist die Grundlage von Vertrauen." Vorbildlich seien Menschen, die zu ihren Fehlern stünden und Verantwortung übernähmen. Dazu gehöre die frühere EKD-Ratsvorsitzende und ehemalige hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann, die mit ihrem Rücktritt Konsequenzen nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss zog.

In der Finanzkrise habe es dagegen wenig Vorbilder gegeben, kritisierte Brummer. Niemand habe eingestanden, dass auch er gierig gewesen sei. Stattdessen hätten Manager auf Marktmechanismen und Strukturen verwiesen.

25. März 2011

Hanns-Lilje-Stiftung