Eine Art christliches Weltsozialforum

Auf Jamaika veranstaltet der Weltkirchenrat eine großangelegte Friedenskonferenz

Frankfurt a.M. (epd). Seit Wochen herrscht in Libyen ein blutiger Bürgerkrieg. Im Nahen Osten dauert der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis an. Und die Situation in der Elfenbeinküste ist weiterhin angespannt. Wenn sich ab 17. Mai auf der karibischen Insel Jamaika Christen aus aller Welt zu einer großangelegten Friedenskonferenz, einer sogenannten Friedenskonvokation, versammeln, werden dort Konflikte wie diese auf die Tagesordnung kommen.

Mit der Konferenz findet die "Dekade zur Überwindung von Gewalt", die im Jahr 2001 mit einem Gottesdienst in Berlin eingeläutet worden war, ihren Abschluss. Zehn Jahre lang hatte der Weltkirchenrat, dem mehr als 560 Millionen Christen in 349 Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften aus über 110 Ländern angehören, dabei immer wieder Gewalt und Konflikte thematisiert: die Konflikte in Palästina ebenso wie im Südsudan, angesprochen wurden aber auch deutsche Waffenexporte oder häusliche Gewalt.

Das Treffen in Jamaika ist ein Großaufkommen friedensbewegter Akteure aus dem kirchlichen Bereich. Rund 1.000 Teilnehmer werden erwartet: Von homosexuellen Gruppen über schwarzafrikanische Frauen bis hin zu indonesischen Kirchenmitgliedern, die sich im interreligiösen Bereich engagieren. Mit dabei sind Lutheraner, Anglikaner und Orthodoxe aber auch Quäker und Mennoniten. Ein bisschen klingt die Teilnehmerliste mit Vertretern zahlreicher Basisgruppen wie ein christliches Weltsozialforum.

Zudem ist bei der Konferenz auf Jamaika reichlich Kirchenprominenz vertreten: Auf der offiziellen Rednerliste steht unter anderem der russische Metropolit Hilarion und die deutsche Ex-Bischöfin Margot Käßmann. Angemeldet sind der Erzbischof der armenischen Kirche im Irak sowie der Präsident der Allafrikanischen Kirchenkonferenz. Erwartet wird zudem der älteste Sohn des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King.

Es ist ein breites Themenspektrum, das bei dem Treffen in Jamaika auf die Tagesordnung kommt. Auf dem Programm stehen die großen Schlagworte "Frieden mit der Gemeinschaft", "Frieden zwischen den Völkern", "Frieden in der Wirtschaft" und "Frieden mit der Erde". Thematisiert werden sollen Rassismus und Sexismus im Alltag, Umweltzerstörung und Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit und Armut sowie internationale Konflikte und Kriege. Für den 22. Mai ist ein Gebet für den Frieden geplant.

Bei dem Treffen soll eine Bilanz der Friedensarbeit in den Kirchen weltweit gezogen werden, sagt der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Martin Schindehütte, der als einer von rund 100 deutschen Teilnehmer zu dem Treffen in die Karibik reisen wird. Und der mennonitische Theologe Fernando Enns sagt: "Wenn wir Frieden schaffen wollen, müssen wir uns vernetzen." Der Professor, der als einer der Initiatoren der Friedensdekade gilt, hofft, dass von der Konvokation ein "starkes Signal" ausgeht - an die Kirchen selbst und auch an die politischen Kräfte.

In dieser Hinsicht ist wohl auch die Wahl des Tagungsortes als Signal gedacht. War doch der Inselstaat in den zurückliegenden Jahren immer wieder wegen seiner hohen Kriminalitätsrate in den Medien. Zuletzt tobten vor rund einem Jahr in der jamaikanischen Hauptstadt tagelang Unruhen zwischen Polizei und Drogen-Kriminellen. Immer wieder kommt es in dem Land auch zu Gewaltexzessen gegen Homosexuelle.

09. Mai 2011