EKD-Ratsvorsitzender fordert Stärkung Europas und kritisierte Umgang mit Flüchtlingen

Brüssel (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger haben gemeinsam zu einer Stärkung Europas aufgerufen. Die Kirche stehe in "beredter Loyalität" zum europäischen Friedensprojekt, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider am Donnerstagabend in Brüssel. Oettinger unterstrich während des Gedankenaustauschs, die Zahl echter EU-Gegner sei gering: "Aber die Enthaltung ist mir zu groß."

Der Kommissar ermunterte die evangelischen Christen, im Zuge der Vertiefung Europas ihr Engagement auf europäischer Ebene weiter auszubauen. Gerade Kirchenvertretern aus Deutschland als größtem EU-Land komme eine Führungsrolle zu, sagte er. Er selbst stehe als Partner zur Verfügung, unterstrich der für Energie zuständige Spitzenpolitiker, der selbst als evangelischer Christ engagiert ist.

Schneider betonte, die Loyalität zum Projekt Europa schließe kritische Stellungnahmen zu bestimmten politischen Aspekten nicht aus. Beunruhigend sei etwa das demokratische Defizit Europas - die jüngste Stärkung der Parlamente auf EU- und nationaler Ebene sei daher der richtige Weg. Der EKD-Ratsvorsitzende kritisierte auch den Umgang mit Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen und forderte mehr Unterstützung für Arme in Europa.

Schneider war gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern des EKD-Rats zu einem mehrtätigen Besuch nach Brüssel gekommen. Auf dem Programm stand eine Reihe politischer Gespräche, unter anderem mit Europaparlamentariern und der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Zu dem abendlichen Austausch mit Oettinger hatte das Brüsseler EKD-Büro zusammen mit dem EU-Botschafter Deutschlands eingeladen.

Mit Blick auf die Umwälzungen in Nordafrika sagte Oettinger, Europa müsse sich mehr für den Kontinent engagieren: "Da reichen zwei, drei neue Robinson-Clubs nicht aus." Es müsse über eine Öffnung der europäischen Agrarmärkte und eine Energiepartnerschaft diskutiert werden. Er sprach sich auch für eine engere Anbindung Russlands an die EU aus und unterstrich, die Türkei müsse "europäisch bleiben".

Schneider äußerte sich während seines Vortrags kritisch zur Atomtechnologie: Die Kirche habe immer die Begrenztheit menschlicher Möglichkeiten im Blick gehabt. Sie habe die Frage gestellt: "Ist das eine Technologie, die zum menschlichen Maß passt?" Könne der Mensch die Folgen bewältigen und verantworten? "Das war immer der Grund unserer Debatte", so der EKD-Ratsvorsitzende. Der EKD-Rat hält sich bis diesen Samstag in Brüssel auf.

27. Mai 2011