Theologe Schorlemmer erwartet sehr politischen Kirchentag in Dresden

Leipzig/Dresden (epd). Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer rechnet mit einem sehr politischen Kirchentag ab Mittwoch in Dresden. Das Christentreffen knüpfe wieder an die großen Gesellschaftsthemen der 80er Jahre wie Frieden, Umweltschutz und Atomausstieg an, sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstagsausgabe). "Es brauchte die furchtbare Katastrophe von Fukushima, damit wir wieder aufgewacht sind."

Es reiche nicht, sich mit der Sammelbüchse vor Weihnachten auf die Straße zu stellen. Allerdings müsse aus der Empörung auch die Ermutigung wachsen, die Ursachen von Missständen zu beseitigen. "Christen wollen diese schöne, bedrohte Welt mitgestalten. Wenn sie sich aber nicht mehr um Politik kümmern, verabschieden sie sich schon vor ihrem Ableben ins Jenseits".

Schorlemmer warnte davor, unbequemen Debatten auf dem Kirchentag auszuweichen. "Wir gießen manchmal zu oft süße Soße über die Probleme". So müssten Zuwanderer "die hier gültigen kulturellen Rahmenbedingungen anerkennen". Ein Staat könne sich auch Rechtspopulisten züchten, wenn die eigene Kultur überfordert werde, betonte er.

Mit Skepsis äußerte er sich zum Thema Ökumene. "Solange Rom in seiner Selbstherrlichkeit mündigen Christen vorschreibt, ob sie eine Einladung zum heiligen Abendmahl einer anderen Kirche annehmen dürfen oder nicht, solange werden Dispute des 16. Jahrhunderts weitergeführt." Ökumene könne gelingen, wenn Vernunft und Glaube, Handeln und Meditieren sowie Einheit und Wahrheit in der Balance blieben, sagte er weiter.

31. Mai 2011