Bischof warnt vor Völkermord im Sudan

Nairobi/Göttingen (epd). Knapp drei Wochen vor der Unabhängigkeit des Südsudans wächst bei den sudanesischen Kirchen die Angst vor einer Eskalation der Gewalt, besonders in den umkämpften Nuba-Bergen. "Wieder einmal droht uns der Alptraum des Völkermords in einem letzten Versuch, unsere Kultur und Gesellschaft vom Antlitz der Erde auszuradieren", erklärte der anglikanische Bischof Andudu Adam Elnail in einem am Dienstag verbreiteten Aufruf.

Im Namen seiner Gemeinden in den Nuba-Bergen rief der Geistliche Christen in aller Welt für kommenden Sonntag zum Fasten und zu Friedensgebeten für den Sudan auf. Die Nuba-Berge liegen in der umkämpften Region Süd-Kordofan, die zum Nordsudan gehört, obwohl sich die dortige Bevölkerung mehrheitlich dem Süden zugehörig fühlt.

Der schwarzafrikanisch-christlich geprägte Südsudan will sich am 9. Juli vom islamisch-arabischen Norden lossagen. Bischof Elnail hegt nach der Abspaltung große Befürchtungen für die Christen im Norden. Präsident Omar Hassan al-Baschir wolle die Scharia zur Rechtsgrundlage im Norden erklären und spreche damt der dort seit 2.000 Jahren existierenden christlichen Minderheit das Lebensrecht ab.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker beklagt eine Verschlechterung der Menschenrechtslage im Nordsudan. Am Sonntag seien 15 Friedensaktivisten der Hauptstadt Khartum verhaftet worden, die gegen den eskalierenden Krieg in den Nuba-Bergen protestiert hätten. Gegen mindestens zehn sudanesische Journalisten seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, weil sie über Menschenrechtsverletzungen informiert hatten.

Der Nord- und der Südsudan hatten 23 Jahre lang Krieg gegeneinander geführt, der erst 2005 durch ein Friedensabkommen beendet wurde. In einem Referendum am 9. Januar hatten sich fast 99 Prozent der Südsudanesen für die Unabhängigkeit ausgesprochen.

Neben Süd-Kordofan ist auch die Grenzregion Abyei umkämpft, die vom Nord- und vom Südsudan beansprucht wird. Ihr Status ist noch nicht klar. Der frühere südafrikanische Präsident Thabo Mbeki hatte am Montag mit den Konfliktparteien ein neues Abkommen ausgehandelt, das einen Truppenabzug und die Überwachung durch äthiopische Soldaten vorsieht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte die Einigung.

22. Juni 2011