Staatsrechtler Dreier sieht in Ethikräten keinen "Ersatzgesetzgeber"

Frankfurt a.M. (epd). Der Staatsrechtler Horst Dreier hat die Tätigkeit der Ethikräte auf Bundesebene positiv bewertet. "Ethikräte sind weder Ersatz- noch Supergesetzgeber", schreibt der Würzburger Rechtswissenschaftler in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwochsausgabe). Sie könnten aber zur Klärung von Grundfragen in bioethischen Debatten beitragen und damit dem Parlament und der Öffentlichkeit Entscheidungs- und Argumentationshilfen liefern.

Dreier widerspricht zu hochgesteckten Erwartungen an derartige Gremien: "Ethikräte sind keine Instanzen, in denen sich eine Art höherer Weisheit und moralischer Überlegenheit bündeln würde." Die Einbringung von Sachverstand und wissenschaftlicher Perspektiven unterschiedlicher Fächer sei allerdings ein erster Schritt für eine tragfähige Lösung. Für nicht stichhaltig hält der Rechtsprofessor die Sorge, Ethikräte förderten eine verfassungsrechtlich bedenkliche "Entparlamentarisierung" des politischen Prozesses.

Ob Empfehlungen der Ethikräte in der gesellschaftlichen Diskussion aufgenommen werden, hänge maßgeblich von der Qualität öffentlicher Debatten ab, argumentiert Dreier. Er war Mitglied der Nationalen Ethikrates, den der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 2001 eingerichtet hatte. Dem Nachfolgegremium Deutscher Ethikrat, der auf gesetzlicher Grundlage beruht und 26 Naturwissenschaftler, Juristen, Mediziner, Philosophen, Soziologen und Theologen umfasst, gehört der Würzburger Rechtsprofessor nicht an. Zuletzt hatte sich der Ethikrat zu der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik in einem gespalteten Votum geäußert.

17. August 2011