Kirchenhistoriker: Papst muss Luther würdigen

Bonn (epd). Der evangelische Kirchenhistoriker Christoph Markschies erwartet von Papst Benedikt XVI. eine stärkere Würdigung Martin Luthers. Bei seinem bevorstehenden Deutschlandbesuch solle der Papst den Reformator auch als Erneuerer der Kirche wertschätzen, sagte der Berliner Theologe am Montag dem in Bonn erscheinenden Newsletter des ökumenischen Predigtpreises.

Markschies sagte, bisher sehe der Papst die Reformation vor allem als "schrecklichen Irrtum". Tatsächlich stelle sie aber auch eine Reformbewegung der Kirche aus ihren eigenen Ursprüngen dar. Mit einer positiveren Beurteilung Luthers könnten beide Kirchen das 500. Jubiläum der Reformation gemeinsam begehen, sagte der Kirchenhistoriker.

"Wir könnten jeweils unsere Anteile an Schuld bekennen, aber auch würdigen, welche vorwärtsweisenden und befreienden Wirkungen aus ihr erwachsen sind", sagte Markschies, der von 2006 bis 2010 Präsident der Berliner Humboldt-Universität war. Ohne die Reformation wäre nach Ansicht des Theologen die Aufklärung des 18. Jahrhunderts anders verlaufen.

Markschies schlug vor, wie in den ersten fünf Jahrhunderten des Christentums, wieder gemeinsame Konzile zu veranstalten. "Doch ich fürchte, die Lage des Weltchristentums ist noch nicht so ernst, dass es sich zu einer solchen Einigkeit aufrafft", sagte der Theologe.

12. September 2011