"Wir sind Kirche" fordert "Dialog auf Augenhöhe" in Ökumene

München/Erfurt (epd). Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" dringt anlässlich des Papstbesuchs in Deutschland auf eine Annäherung des Vatikans an die evangelische Kirche. Trotz der Kürze der für den 23. September in Erfurt geplanten ökumenischen Begegnung dürfe es nicht bei gegenseitigen Wohlwollensbekundungen bleiben, heißt es in einem am Mittwochabend veröffentlichen Offenen Brief an die Kirchen der Reformation. Es müsse ein "wirklicher Dialog auf Augenhöhe" eröffnet werden.

Papst Benedikt XVI. trifft im Rahmen seines viertägigen Besuchs in Deutschland am Freitag nächster Woche im Erfurter Augustinerkloster mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zusammen. Vorgesehen sind ein etwa 35-minütiges Gespräch sowie ein ökumenischer Wortgottesdienst.

"Wir sind Kirche" äußert in dem Brief Bedauern, dass die Erwartungen an das Treffen von offizieller katholischer Seite schon vorher gedämpft worden seien. "Die Christinnen und Christen in Deutschland erwarten, dass die römisch-katholische Kirche endlich die Kirchen der Reformation als Kirchen und gleichberechtigte Geschwister anerkennt", heißt es. Die Erklärung "Dominus Iesus", die im Jahr 2000 von Joseph Ratzinger als damaligem Präfekten der Glaubenskongregation verantwortet und 2007 von ihm als Papst bestätigt wurde, müsse an diesem Punkt revidiert werden. "Die Kirchen der Reformation sind keine Kirchen zweiter Klasse", heißt es in dem Schreiben.

Nach der vereinbarten wechselseitigen Anerkennung der Taufe gehöre jetzt die Zulassung von Protestanten beim katholischen Abendmahl zu den drängendsten Problemen. "Vor allem konfessionsverschiedene Eheleute haben ein Recht auf eine für sie würdige Regelung", heißt es.

15. September 2011


Information: Erklärung "Dominus Iesus"

Frankfurt a.M. (epd). Das am 5. September 2000 veröffentlichte Vatikan-Dokument "Dominus Iesus" gilt als schwere Belastung im evangelisch-katholischen Dialog. Darin grenzte sich Rom in klaren Worten von den evangelischen Kirchen ab. Bei diesen handele es sich nicht um "Kirche im eigentlichen Sinne", lautet der Kernsatz. Die protestantischen Kirchen werden in dem Text als "kirchliche Gemeinschaften" bezeichnet.

Die Erklärung wurde vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger - dem heutigen Papst Benedikt XVI. - formuliert und noch von Papst Johannes Paul II. bestätigt. Der Text fasst Aussagen zum Kern des Glaubens zusammen, die für den Dialog mit nichtchristlichen Religionen und das ökumenische Gespräch von Bedeutung sind.

Herausgestellt wird die geschichtliche Kontinuität zwischen der von Christus gestifteten und der katholischen Kirche: "Dies ist die einzige Kirche Christi." Die Kontinuität wird aus Sicht des Vatikans vor allem durch die Amtsnachfolge gewährleistet, die von den Bischöfen auf die Apostel und damit letztlich auf Jesus Christus zurückreichen soll.

2007 bekräftigte Papst Benedikt XVI. in den "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" nochmals: Norm für die einzige vollständige und einzigartige Kirche sei die katholische.

15. September 2011