Schneider: Herz brennt nach mehr

EKD-Ratsvorsitzender dringt nach Ökumene-Gipfel auf weiteren Dialog

Erfurt (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, mahnt nach dem Ökumene-Gipfel mit Papst Benedikt XVI. in Erfurt weitere Fortschritte im Dialog der christlichen Kirchen an. "Unser Herz brennt nach mehr. Und das war heute zu spüren", sagte Präses Schneider am Freitag. Wichtige Fragen müssten geklärt werden: "Da müssen wir ran", sagte der oberste Repräsentant der rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verteidigte das Ausbleiben konkreter Vereinbarungen. Der Papst sei nicht mit fertigen Lösungen gekommen. "Er hat uns gesagt, was unsere Aufgabe ist", fügte der Erzbischof hinzu. Damit habe er von Anfang an gerechnet.

Während die Vertreter der EKD bei der Begegnung im Erfurter Augustinerkloster einige der theologischen Differenzen angesprochen hatten, hatte Benedikt XVI. vor allem die Gemeinsamkeiten herausgestellt und den Reformator Martin Luther (1483-1546) als Theologen gewürdigt. Auf ökumenische Streitfragen wie ein gemeinsames Abendmahl oder den Umgang mit konfessionsverschiedenen Ehepaaren ging das Oberhaupt der katholischen Kirche nicht ein. Das Treffen der beiden christlichen Kirchen an der frühen Wirkungsstätte Luthers galt als ein Höhepunkt des viertägigen Papstbesuches in Deutschland.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider stellte die "geschwisterliche Atmosphäre" bei dem Treffen heraus: "Wir haben wirklich aufeinander gehört", sagte er. Während des Gottesdienstes seien Protestanten und Katholiken "eine Kirche Jesu Christi" gewesen.

Der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, sagte, der Papst habe die evangelische und katholische Kirche ermutigt, auf den erreichten Gemeinsamkeiten aufzubauen. Auch habe das Oberhaupt der katholischen Kirche sich dankbar für die in der Vergangenheit gewachsenen Gemeinsamkeiten gezeigt.

23. September 2011


EKD-Ratsvorsitzender Schneider lobt Gespräch mit Papst

Erfurt (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat das ökumenische Gespräch mit Papst Benedikt XVI. gelobt. "Wir haben wirklich aufeinander gehört", sagte er am Freitag in Erfurt nach dem Treffen mit Benedikt. Während des Gottesdienstes seien Protestanten und Katholiken "eine Kirche Jesu Christi" gewesen.

Dennoch müssten sie weiter arbeiten. "Unser Herz brennt nach mehr", erklärte Schneider, auch wenn beide Kirchen bereits einiges erreicht hätten. "Wir haben ein gutes Fundament an Gemeinsamkeiten." Dazu gehöre die Taufe, die die evangelische und die katholische Kirche gegenseitig akzeptierten.

Der Papst habe Martin Luther (1483-1546) stark und positiv gewürdigt. "Der Ort war sehr prägend für diese Begegnung", sagte Schneider. Er hoffe, eines Tages auch bei den gemischt konfessionellen Ehen eine Annäherung beim gemeinsamen Abendmahl zu erreichen. Es möge möglich sein, ein "freieres Leben, ein eucharistisches Leben" zu ermöglichen.

23. September 2011


Brüderliche Umarmung ohne ökumenisches Gastgeschenk

Papst feiert mit Protestanten an historischem Ort gemeinsam Gottesdienst

Von Bettina Gabbe (epd)

Erfurt (epd). Freundlicher Empfang für den Papst in Ostdeutschland: War Benedikt XVI. in Berlin durch eine leere Geisterstadt ins Schloss Bellevue gefahren, säumten in Erfurt am nächsten Tag neugierige und fröhliche Bürger die Straßen. Trotz höchster Sicherheitsstufe, die das Öffnen der Fenster beim Vorbeifahren des päpstlichen Konvois unterbinden sollte, winkten viele aus ihren Wohnungen und von ihren Balkons dem offenbar willkommenen Gast zu.

Zum ökumenischen Gottesdienst zog Benedikt am Freitagmittag gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, bei tosender Orgelmusik in die Kirche des ehemaligen Augustinerkonvents ein. An dem Ort, an dem Martin Luther (1483-1546) seine ersten Gottesdienste gefeiert hatte, betete Benedikt mit bewegter Stimme für die Einheit der Christen.

Über die konfessionellen Grenzen hinweg bekannte der Papst in Luthers Augustinerkonvent, das sein Besuch an diesem Ort für ihn ein "bewegender Augenblick" sei und würdigte den Reformator als wahren Gottsucher. "Wie steht Gott zu mir, wie stehe ich vor Gott - diese brennende Frage Martin Luthers muss wieder neu auch unsere Frage werden", sagte Benedikt an Katholiken und Protestanten gleichermaßen gewandt. Theologie sei für den Reformator keine akademische Frage gewesen, sondern "tiefe Leidenschaft und Triebfeder seines Lebens".

Den Erwartungen derjenigen, die neben der Würdigung des Reformators und dem symbolträchtigen Besuch ein "ökumenisches Gastgeschenk" erwartet hatten, erteilte der Papst indes eine Absage. Für Katholiken ungewohnt war er bei seinem gemeinsamen Einzug in die protestantische Kirche nicht mit "Viva il Papa"-Rufen und Klatschen begrüßt worden. Protestantischer Schlichtheit entsprachen nicht nur die fast bilderlosen Wände der gotischen Kirche, sondern auch die zurückhaltende Art, den römischen Gast willkommen zu heißen. Die Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Christian Wulff verlieh derweil dem historischen Besuch besonderen Nachdruck.

Beim Gottesdienst saßen Benedikt und der EKD-Ratsvorsitzende Schneider weit voneinander entfernt vor dem Altar, für manchen ein Zeichen der Distanz, die trotz der Beteuerungen herrscht, nach denen es mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes zwischen den Kirchen gibt. Das Trennende betonte der Papst am Ende seiner Predigt allerdings in der für ihn typisch deutlichen Weise: Ein "ökumenisches Gastgeschenk" habe er nicht mitgebracht, wer ein solches erwartet hatte, sei Opfer eines politischen Missverständnisses, erklärte der Papst. Glaubensinhalte seien nicht zu verhandeln, wie dies vor Staatsbesuchen geschehe. Nach seiner mit leiser eindringlicher Stimme gehaltenen Predigt kam es über die Trennungen hinweg zu einer brüderlichen Umarmung zwischen Benedikt und Schneider.

In der ostdeutschen Diaspora, in der Christen beider Konfessionen mittlerweile in der Minderheit sind, machte die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, jenseits der Ökumene-Erwartungen an den Papst die Bedeutung seines Besuchs für die Christen der Region deutlich. Mit einer Visite ehre er zugleich die Gläubigen, die Luthers Forderung gefolgt seien, nach der "ein Christmensch ein freier Herr über alle Dinge" ist. Luthers Wort sei den Christen in der DDR ein "kämpferisches, ein stärkendes Wort" gewesen, rief sie dem Papst und den anwesenden Gästen in der Kirche zu.

23. September 2011