Theologe: Experimente zur Erzeugung von Mischwesen unethisch

Frankfurt a.M. (epd). Der frühere thüringische evangelische Landesbischof Christoph Kähler hält Experimente, in denen ein menschlicher Zellkern in eine tierische Eizelle eingebracht werden soll, um der Menschenwürde willen für nicht vertretbar. Sie sollten gesetzlich verboten werden, sagte der Theologe in einem Interview des Internetportals "evangelisch.de". Wo nur einzelne Gene übertragen würden, werde die Artgrenze zwischen Mensch und Tier hingegen nicht infrage gestellt. Solche Experimente, etwa mit der Krebsmaus, würden schon lange praktiziert.

Kähler, der Mitglied des Deutschen Ethikrates ist, unterstrich die Notwendigkeit des medizinischen Fortschritts, der Menschen helfe, schwere Krankheiten zu besiegen oder zu lindern. "Alle Kollegen des Deutschen Ethikrates vertreten die Auffassung, dass die Forschung an Tieren mit diesem Ziel sinnvoll und angemessen ist", sagte der Theologe in dem am Dienstagabend veröffentlichten Interview. Das gelte auch für die Fälle, in denen mit Bestandteilen des menschlichem Erbmaterials gentechnisch veränderte Tiere erzeugt werden, um am Tiermodell Erkenntnisse zu gewinnen.

Die Grenze sei aber dort erreicht, "wo man versucht echte Mischwesen zu erzeugen: wo ein menschlicher Zellkern in eine entkernte tierische Eizellen eingebracht wird und zu einem Lebewesen heranwachsen soll", betonte Kähler. "Der Versuch, ein echtes Mischwesen herzustellen, das wesentliche Fähigkeiten des Menschen erhalten soll, etwa sein Gehirn und die aus ihm resultierenden Fähigkeiten, würde die Menschenwürde verletzen", sagte der Theologe.

Alle Ethikratsmitglieder seien der Meinung, dass die Kombination eines menschlichen Zellkerns mit einer tierischen Eizelle auf keinen Fall in einen tierischen Uterus oder sogar in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt werden dürfe. Es gebe indes eine Gruppe von Ethikratsmitgliedern, die Experimente mit entkernten tierischen Eizellen, in die ein menschlicher Zellkern eingelagert ist, in der Petrischale für vertretbar halten, um weitere biologische und medizinische Erkenntnisse zu gewinnen. Er könne auch solche Experimente außerhalb der Gebärmutter nicht gutheißen, unterstrich Kähler, der bis Oktober 2009 auch stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war.

Der Deutsche Ethikrat hatte sich am Dienstag in neuen Empfehlungen zum Umgang mit Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung für eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier ausgesprochen.

28. September 2011