EKD-Ratsvorsitzender Schneider für mehr zivile Krisenprävention

Bonn (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat sich für eine Stärkung ziviler Krisenprävention ausgesprochen. Für die Wahrung von Frieden sei der Schutz der Menschen vor Not und Gewalt wichtig, sagte Schneider am Montag in Bonn. "Wer den Frieden will, darf keine Unrechtsstrukturen tolerieren", betonte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Er beklagte, dass viel mehr Geld für Rüstung ausgegeben werde als für Entwicklungspolitik und zivile Friedensprojekte.

Schneider mahnte, dass Sicherheitskonzepte mehr den Schutz des einzelnen Menschen in seinen elementaren Bedürfnissen berücksichtigen müssten. Herkömmliche Sicherheitskonzepte seien zu stark auf den Schutz von Staaten ausgerichtet, sagte der Theologe beim friedensethischen Studientag der evangelischen Akademie im Rheinland.

Nach Einschätzung des Ratsvorsitzenden ist militärische Gewalt unter eng definierten Umständen bei Völkermord oder in anderen Extremsituationen nicht auszuschließen. Dabei seien Christen in einem Dilemma, da sie zur Gewaltlosigkeit angehalten seien. "Ich glaube, dass man Militär nicht mit Jesus begründen kann", sagte Schneider. Wenn jedoch andere abgeschlachtet würden, sei eine Nichteinmischung ebenfalls problematisch. In solchen Situationen stelle sich die Frage, ob es aus religiöser Sicht überhaupt eine Handlungsmöglichkeit gebe, keine Schuld auf sich zu laden.

Mit Blick auf den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan mahnte der Ratsvorsitzende ein eigenes Bundestagsmandat für den zivilen Aufbau in dem Land an. Dadurch würde das zivile Engagement gegenüber dem militärischen aufgewertet. Langfristig sei eine Entwicklung nötig, dass Einsätze wie in Afghanistan stärker im Sinne eines polizeilichen Einsatzes definiert würden.

Otfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrums für transatlantische Sicherheit, erklärte, dass es immer mehr Begründungen für die militärische Einmischung in souveräne Staaten gebe. Humanitäre Interventionen, Terrorbekämpfung oder der Schutz vor Menschenrechtsverletzungen würden als Gründe für Interventionen genannt. Ziel dabei sei jedoch oft die Beseitigung unliebsamer Herrscher, kritisierte der Friedensforscher. Eine öffentliche Debatte über Legitimität solcher Militäreinsätze muss laut Nassauer erst noch geführt werden.

10. Oktober 2011