Kairoer Pastorin: Spannungen zwischen Religionen nicht gewachsen

Kiel/Kairo (epd). Nach Einschätzung der evangelischen Pastorin in Kairo, Andrea Busse, haben sich die Spannungen zwischen Christen und Muslimen in Ägypten in den vergangenen Wochen nicht verstärkt. Allerdings sei die gesamte Sicherheitslage nach dem Sturz des Mubarak-Regimes sehr viel instabiler und die Kriminalität habe zugenommen, sagte Busse am Donnerstag dem Evangelischen Rundfunkdienst Nord in Kiel. Dies habe auch zu einer größeren Bedrohung der koptischen Christen geführt.

Die deutschsprachige evangelische Gemeinde sei bislang nicht bedroht, sagte Busse. "Wir können ein ziemlich normales Leben führen." Die Ausschreitungen am Sonntagabend hätten sie während eines Gottesdienstes in der nahe gelegenen Kirche miterlebt. Die Besucher hätten die Kirche erst in der Nacht auf Schleichwegen verlassen. Anders als ausländische Christen hätten die einheimischen Kopten sehr viel Angst, Ziel von gewaltsamen Attacken zu werden.

Busse war 2006 von Kiel nach Kairo gegangen und teilt sich dort mit ihrem Ehemann Axel Matyba die Pfarrstelle der deutschen Gemeinde. Im kommenden Jahr wird die mittlerweile vierköpfige Familie nach Norddeutschland zurückkehren.

Bei den Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen waren am Sonntagabend mindestens 26 Menschen getötet worden, mehrere Hundert wurden verletzt. Auslöser war ein Protest koptischer Christen gegen einen Anschlag auf eine Kirche in der Provinz Assuan vor wenigen Tagen. Die christliche Minderheit macht dafür radikale Muslime verantwortlich. In Ägypten sind Schätzungen zufolge etwa zehn Prozent der rund 80 Millionen Einwohner koptische Christen.

14. Oktober 2011