Reformation im Thüringer Wald

Schmalkalden war für die Protestanten vor 475 Jahren ein Schicksalsort

Von Thomas Bickelhaupt (epd)

Schmalkalder Artikel aus Eisen und Stahl verhalfen der Stadt einst zu Wohlstand, die "Schmalkaldischen Artikel" sorgten für dauerhafte Erwähnung des Ortes in der Reformationsgeschichte. 2012 steht der südthüringer Kommune ein großes Jubiläum bevor.

Schmalkalden (epd). Als Martin Luther Anfang 1537 Schmalkalden besuchte, logierte er in einem stattlichen Fachwerkhaus zu Füßen des Schlossberges. Der mehrtägige Aufenthalt des Reformators machte die Stadt und das repräsentative Gebäude zu bedeutenden Orten der Reformation. Am 24. Februar 1537 unterzeichneten hier führende protestantische Theologen die "Schmalkaldischen Artikel", die zu einer wichtigen Grundlage des evangelisch-lutherischen Glaubens werden sollten.

Damit wurde Schmalkalden vor 475 Jahren für die neu entstehende Kirche zu einem Schicksalsort. Zum Jubiläum des historischen Ereignisses erwartet die Stadt 2012 Gäste aus aller Welt. Den Besuchern präsentiert sich die Altstadt als sorgsam saniertes Fachwerk-Kleinod rund um die gotische Hallenkirche St. Georg aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die zahlreichen Spuren der Reformation lassen sich auf einem historischen Lehrpfad durch die Stadt nachverfolgen. An Luthers einstigem Quartier erinnert ein kunstvoll gestaltetes Relief an das Geschehen von 1537.

Schmalkalden sei im 16. Jahrhundert eine reiche Stadt gewesen, sagt der Dekan des evangelischen Kirchenkreises, Michael Bedbur. Ihren Reichtum verdankte sie seit dem hohen Mittelalter dem Eisenerz im Thüringer Wald und der Produktion von "Schmalkalder Artikeln" aus Eisen und Stahl. Vor dem Hintergrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung machten die evangelischen Landesherren im 16. Jahrhundert die Stadt mitten in Deutschland zu einem bevorzugten Ort für ihre strategischen Treffen.

Besonderen Anteil daran hatte Landgraf Philipp von Hessen, zu dessen Herrschaftsgebiet Schmalkalden gehörte. Die Thüringer Exklave, die schon seit dem 14. Jahrhundert den hessischen Landgrafen gehörte, wurde bereits 1525 evangelisch. Die 1590 eingeweihte Kapelle in der Wilhelmsburg war damals eine der ersten neu gebauten protestantischen Schlosskirchen in Deutschland.

Ende 1530 begründeten in Schmalkalden die evangelischen Fürsten von Hessen, Kursachsen, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Lüneburg und Anhalt sowie 14 freie Reichs- und Hansestädte ein Bündnis, dem die Stadt seinen Namen gab. Der Schmalkaldische Bund gegen den katholischen Kaiser traf sich in den folgenden Jahren allein acht Mal in ihrem Gründungsort. Oft tagte die Allianz im Hessenhof, der mit Wandmalereien zur Iwein-Sage aus dem 13. Jahrhundert eines der ältesten Zeugnisse mittelalterlicher Profanmalerei in Mitteleuropa bewahrt.

So auch 1537, als Martin Luther seine "Schmalkaldischen Artikel" vorstellte. Im Auftrag des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen hat der Reformator darin seine wesentlichen Lehren aufgeschrieben, unter anderem die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben. Scharfe Kritik wird in der Schrift zudem am Papsttum, an Reliquienverehrung, Ablasshandel oder der Lehre vom Fegefeuer geübt. Der Fürstenkongress in Schmalkalden, der die Artikel schließlich verabschiedete, nahm das deutliche, wenig diplomatisch formulierte Bekenntnis nur verhalten auf.

Die "Schmalkaldischen Artikel" seien in ihrer Abgrenzung zur damaligen Papstkirche "weithin schroff und in ihrem Hauptteil kompromisslos", sagt Dekan Bedbur, dessen Südthüringer Kirchenkreis zur kurhessischen Kirche in Kassel gehört. Doch unabhängig vom historischen Umfeld hätten die 15 Glaubensartikel auch in der Gegenwart "eine unaufgebbare Bedeutung". In Schmalkalden soll sie im Juni bei einer Festwoche verdeutlicht werden - unter anderem in einem Disput zwischen dem Kasseler Bischof Martin Hein und dem katholischen Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann.

05. Januar 2012