Heidelberger Theologin Gerta Scharffenorth wird 100

Heidelberg/Hannover (epd). Die Theologin und Politologin Gerta Scharffenorth wird am Sonntag (8. Januar) 100 Jahre alt. Die Protestantin war 1970 als erste Frau in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Mit einem Gottesdienst und Empfang wird Scharffenorth an diesem Sonntag in Heidelberg gewürdigt, unter anderem von den beiden ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber und Klaus Engelhardt.

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider würdigte die Theologin als "gesellschaftliche Vorreiterin". Deren Wahl als erste Frau in das Leitungsgremium der EKD sei "ein nicht zu unterschätzender, wichtiger Schritt für unsere Kirche" gewesen, schreibt Schneider in seiner Gratulation. Scharffenorth sei eine in besonderer Weise "engagierte, schaffensfrohe und im besten Sinne des Wortes 'umtriebige' Theologin".

Die Präses der Synode der EKD, Katrin Göring-Eckardt, sagte, Scharffenorth habe es stets abgelehnt, auf reine "Frauenthemen" beschränkt zu werden. Vielmehr habe sie sich den sogenannten Männerdomänen gewidmet, wie etwa der Friedensforschung. Dennoch sei Scharffenorth eine Pionierin auf dem Weg evangelischer Frauen in die kirchlichen Leitungsgremien. Sie habe den Weg dafür gebahnt, dass heute der Rat der EKD paritätisch von Männern und Frauen besetzt sei, schreibt Göring-Eckardt.

Scharffenorth leitete unter anderem von 1973 bis 1984 das Studienprojekt des Lutherischen Weltbundes zur Mitverantwortung von Frauen in Kirche und Gesellschaft und war rund drei Jahrzehnte wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren Friedensforschung sowie Medizin und Ethik. Auch untersuchte die Wissenschaftlerin in der Studie "Bilanz der Ostdenkschrift" (1968) die Aufnahme des EKD-Dokumentes in Polen. Von 1973 bis 1979 war Scharffenorth Mitglied der EKD-Synode, 1989 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz.

Scharffenorth wurde 1912 in Stuttgart als Gerta von Mutius geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte sie in Heidelberg Politologie und Theologie. 1962 promovierte sie mit einer Dissertation über "Römer 13 in der Geschichte des politischen Denkens". Im Juli 1962 wurde sie ordiniert als Pfarrerin für die Diakonie. Schon im Ruhestand übernahm sie für die evangelische Forschungsstätte von 1986 bis 1994 die Leitung des Projektes "Naturwissenschaftliche Medizin und christliches Krankenhaus".

06. Januar 2012