Berliner Kirche soll Jugendliche über NS-Zeit informieren

Die für ihre NS-Symbole bekannte Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin-Mariendorf soll nach dem Willen des Berliner Bischofs Markus Dröge auch künftig als Gedenk- und Bildungsort offengehalten werden. Die Kirche sei "ein einzigartiges historisches Zeugnis", sagte Dröge bei einem Besuch des denkmalgeschützten Baus am Mittwoch.

Das Bauwerk zeige "erschreckend anschaulich die verheerende Verquickung von Nazi-Ideologie und christlichem Glauben im Nationalsozialismus". Dabei sei es "gut, dass die Gemeinde hier keine regelmäßigen Gottesdienste mehr feiert", sondern nur besondere Gottesdienste wie etwa am 27. Januar zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Die Kirche eigne sich für Bildungsarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, "bei denen auch die Schuld der christlichen Theologie und der Kirche zur Sprache kommen sollte", sagte Dröge. Seit 2009 entwickelt die Stadtentwicklungsgesellschaft Stattbau parallel zur Renovierung des Baus ein Betreiberkonzept. Geplant ist ein Nutzungsmix aus Kulturveranstaltungen, Symposien, Gedenkveranstaltungen und kommerziellen Veranstaltungen wie Messen und Tagungen. Daneben soll die evangelische Kirchengemeinde Mariendorf die Kirche weiter für besondere Gottesdienste nutzen können.

Die nach Plänen des Architekten Curt Steinberg 1935 eingeweihte Kirche lasse "die Verführbarkeit der Religion für Nationalismus und politischen Selbstbehauptungswillen erkennen", sagte Dröge weiter: "Diese Gefahr ist bis heute aktuell." Das Gebäude erinnere Kirche und Gesellschaft daran, neuen nationalistischen und rassistischen Ideologien die Stirn zu bieten. "So wenig wir die dunklen Flecken unserer Geschichte verdrängen dürfen, so wenig dürfen wir diese Kirche verdrängen", unterstrich der evangelische Theologe.

In der Vorhalle der Martin-Luther-Gedächtniskirche wird der Besucher von Reichspräsident Paul von Hindenburg auf der einen und Martin Luther auf der anderen Seite begrüßt. Anstelle des Terrakottareliefs des Reformators soll hier einmal ein Relief von Hitlers Kopf gehangen haben. Den Leuchter ziert ein großes Eisernes Kreuz samt Eichenlaub. Das Kanzelrelief zeigt Jesus umringt von einer "deutschen Familie", daneben ein Soldat mit Stahlhelm und ein SA-Mann in Stiefeln. Ähnliches findet sich auf dem Taufstein. Der das Schiff umspannende "Triumphbogen" besteht aus rund 800 Ornamentplatten. Darauf sind neben christlichen Symbolen unter anderem auch Köpfe von Soldaten mit Stahlhelmen, ein SA-Mann sowie das Symbol der NS-Wohlfahrt zu sehen. Angebrachte Hakenkreuze wurden nach dem Krieg entfernt.

29. März 2012