Berliner Superintendentin mit Klaus-von-Bismarck-Preis ausgezeichnet

Die evangelische Theologin Birgit Klostermeier ist am Mittwoch mit dem "Klaus-von-Bismarck-Preis" der Stiftung Sozialer Protestantismus ausgezeichnet worden. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte, Klostermeier habe durch die "Brille einer klugen Soziologin" die meist durch Spardruck betriebenen Reformprozesse in der evangelischen Kirche untersucht. Damit habe sie ein kritisches Korrektiv einbringen können, "was uns allen gut tut".

Immer mehr gesellschaftliche Bereiche werden nach Ansicht des SPD-Politikers Peer Steinbrück von ökonomischen Prinzipien bestimmt. "Auch mir ist es inzwischen unheimlich, wieviele persönliche, gesellschaftliche, öffentliche, kommunale Bereiche an Gewinnmaximierung ausgerichtet sind", sagte der ehemalige Bundesfinanzminister am Mittwoch bei der Preisverleihung in Berlin. Selbst in zwischenmenschlichen Beziehungen stehe im Vordergrund immer häufiger die Frage: "Was nützt du mir", kritisierte der Sozialdemokrat.

Steinbrück forderte eine "Renaissance der sozialen Marktwirtschaft". Der politischen Umbruch 1989/90, der zum Wegfall der ideologischen Systemkonkurrenz zwischen der Bundesrepublik und dem Sozialismus der DDR geführt habe, habe eine Enthemmung des Kapitalismus eingeleitet, sagte Steinbrück. Er warnte im Zuge der Finanzkrise auch vor Knappheit, die Freiheit eingrenzen könne. "Hunger frisst Demokratie, sagte Steinbrück.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, bekannte sich ebenfalls zur sozialen Marktwirtschaft und hob deren Verbindung mit kirchlichen Werten hervor. "Soziale Marktwirtschaft verbindet sich mit dem, was Kirche in dieser Gesellschaft zu sagen hat und was sie einzubringen hat", sagte er. Zugleich sei Kirche Teil der Welt und damit "auch betroffen von der zunehmenden faktischen Ökonomisierung der Gesellschaft".

Den "Klaus-von-Bismarck-Preis" erhielt Birgit Klostermeier für ihre Dissertation "Das unternehmerische Selbst der Kirchen". In ihrer Studie untersucht die Theologin den Einfluss wirtschaftlicher Kriterien auf kirchliche Reform- und Leitbildprozesse. Dabei mache sie auf die "Verschiebungen" in den kirchlichen Diskursen aufmerksam und problematisiere die zunehmende Ökonomisierung der Lebenswelt am Beispiel der Kirchen, hieß es zur Begründung. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Die 1960 in Herford geborene Birgit Klostermeier wuchs in Witten auf und studierte Theologie und Soziologie in Göttingen und Heidelberg. Nach dem Vikariat war sie elf Jahre Gemeindepfarrerin in Wunstorf bei Hannover. Anschließend wirkte sie als Studienleiterin im Pastoralkolleg Loccum und bei der hannoverschen Landeskirche. Seit 2008 arbeitete Klostermeier im Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD. Als Superintendentin steht sie seit 2010 an der Spitze des Kirchenkreises Berlin-Schöneberg.

Die Stiftung Sozialer Protestantismus wurde 2007 gegründet. Mit dem Klaus-von-Bismarck-Preis würdigt die Stiftung Sozialer Protestantismus wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit den sozialen Prägekräften des deutschen Protestantismus beschäftigen. Die Auszeichnung ist nach dem früheren Intendanten des Westdeutschen Rundfunks und ehemaligen Kirchentagspräsidenten Klaus von Bismarck (1912-1997) benannt. Erster Preisträger war 2010 Professor Torsten Meireis vom Institut für Theologie und Sozialethik an der TU Darmstadt.

www.stiftung-sozialer-protestantismus.de

19. April 2012