Kritik am Betreuungsgeld hält an - Kirchen und Kinderschutzbund kritisieren Benachteiligung armer Familien

Düsseldorf (epd). Die Kritik am geplanten Betreuungsgeld geht unvermindert weiter. Die mögliche Verrechnung der umstrittenen Leistung mit Hartz IV sorgte erneut für Kritik. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, plädierte am Donnerstag dafür, mit dem Geld lieber Krippen und Kindertagesstätten auszubauen. Der Deutsche Kinderschutzbund warf der Bundesregierung vor, mit ihren Plänen arme Kinder bewusst ins Abseits zu schieben.

Schneider sagte den "Ruhr Nachrichten" (Donnerstagsausgabe), Geld dürfe "nicht an Einzelne ausgezahlt werden", sondern sollte in den Kita-Ausbau fließen. "Damit kämen wir auf dem Weg zur Bildungsgerechtigkeit und zu verbesserten Lebenschancen für benachteiligte Kinder einen guten Schritt weiter", erklärte der rheinische Präses.

Die Debatte über eine mögliche Anrechenbarkeit des geplanten Betreuungsgeldes auf Hartz IV verstärke "das Störgefühl, das ich bei dem Thema habe", sagte Schneider: "Wir müssen doch vor allem fragen: Was dient benachteiligten Kindern?"

Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers Hilgers warf Union und FDP in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe) eine "Ausgrenzungspolitik" vor. Das Betreuungsgeld setze falsche Anreize. Der Plan der Koalition, dass nun Hartz-IV-Empfänger vom Betreuungsgeld ausgeschlossen werden sollten, mache das Geschacher um diese familienpolitische Leistung endgültig "abstoßend und unwürdig".

Ähnlich äußerte sich die Präsidentin des Familienbundes der Katholiken, Elisabeth Bußmann. Wenn das Betreuungsgeld bei ärmeren Familien mit Hartz-IV-Leistungen verrechnet werde, benachteilige dies Familien, die das Geld am dringendsten benötigten, sagte sie den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Donnerstagsausgabe): "Wir sehen die Gefahr einer sozialen Schieflage."

Der Vorschlag des Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, den Streit um das Betreuungsgeld durch zusätzliche Rentenleistungen für Eltern zu lösen, käme indes teuer. Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums würde dies 13 Milliarden Euro jährlich kosten, berichtete die "Mitteldeutsche Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Aus dem Umfeld von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hieß es laut Zeitung, eine solche Maßnahme wäre damit "kaum realisierbar".

Das Betreuungsgeld soll nach den Plänen der Bundesregierung an Eltern ausgezahlt werden, die ihr Kleinkind nicht in eine öffentlich geförderte Kindertagesstätte schicken. Ab Mitte 2013 sollen sie zunächst 100 Euro für einjährige Kinder und ab 2014 dann 150 Euro im Monat für ihre ein- und zweijährigen Kinder bekommen. Hartz-IV-Empfänger sollen nach Medienberichten von den Zahlungen nicht profitieren. Ihnen solle die neue Leistung zwar ausgezahlt, anschließend aber in voller Höhe vom Arbeitslosengeld II abgezogen werden.

26. April 2012