Kirche zieht sich aus Härtefall-Kommission vorerst zurück - Landesbischof pocht auf humanitäre Kriterien

Die Härtefallkommission für abgelehnte Asylbewerber gerät in Niedersachsen erneut in die Kritik. Nachdem eine auseinandergerissene Roma-Familie nicht anerkannt wurde, steigen die evangelischen Kirchen aus dem Gremium aus.

Hannover (epd). Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen ziehen sich vorerst aus der Härtefallkommission des Landes für Flüchtlinge zurück. Der Rat der Konföderation beschloss am Dienstag, die Mitarbeit in der Kommission so lange ruhen zu lassen, bis die für Juli angekündigte Neuregelung der Härtefallverordnung vorliege, sagte Pressesprecher Johannes Neukirch. Die Kommission kann von der Abschiebung bedrohten Flüchtlingen zu einem Aufenthaltsrecht verhelfen, wenn dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte zuvor für eine weitere Mitarbeit der Kirchenvertreter in dem Gremium geworben. "Die Landesregierung wünscht sich, dass die Kirchen in der Härtefallkommission verbleiben", sagte er bei einem Treffen seines Kabinetts mit den evangelischen Bischöfen.

"Wir erhoffen von der Neuregelung eine signifikante Verbesserung der Arbeit in der Kommission", erläuterte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister als Ratsvorsitzender. "Weiterhin erwarten wir, dass humanitäre Aspekte in den Entscheidungen zukünftig prioritär behandelt werden, zum Beispiel wenn die Gefahr besteht, dass Familien getrennt werden."

Zuvor war einer von zwei evangelischen Kirchenvertretern in der Kommission, Johann Weusmann aus Leer, aus Protest von seinem Amt zurückgetreten, weil er humanitäre Kriterien nicht ausreichend gewahrt sah. Er hatte sich letztlich erfolglos für eine auseinandergerissene Roma-Familie aus Bad Bentheim eingesetzt. Nach dem Beschluss der Konföderation lässt nun auch der zweite evangelische Kirchenvertreter, Superintendent Philipp Meyer aus Hameln, vorübergehend seine Mitarbeit ruhen.

Auch der Hildesheimer Caritas-Direktor Hans-Jürgen Marcus will erst wieder an den Beratungen teilnehmen, wenn eine zufriedenstellende Verordnung gefunden sei, sagte ein Caritas-Sprecher dem epd. Nach der geplanten Verordnung soll bereits die einfache Mehrheit genügen, um Härtefälle anzuerkennen, statt wie bisher eine Zweidrittel-Mehrheit.

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) betonte, die Härtefallkommission sei ein unabhängiges Gremium, deswegen wolle er den Rücktritt Johann Weusmanns nicht kommentieren. Er habe hohen Respekt vor den ehrenamtlich tätigen Kommissionsmitgliedern. Der Innenminister hatte die geplante neue Verordnung im März der Öffentlichkeit vorgestellt.

06. Juni 2012