EKD-Ratsvorsitzender: Menschen dürfen nicht wegen Biosprit hungern

Die Diskussion um den Einsatz von Biosprit bleibt kontrovers. Für die einen trägt dieser zum Hunger in der Welt bei. Die anderen betonen, dass die weltweit hohen Nahrungsmittelpreise eine ganze Reihe von Ursachen haben.

Der Vorstoß von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zur Abschaffung des Biokraftstoffs E10 stößt weiter auf gegensätzliche Reaktionen. Während die Mineralölbranche den Vorstoß des Ministers ablehnt, sieht die evangelische Kirche den Biosprit-Einsatz mit Blick auf den Hunger in der Welt skeptisch. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider fordert ein Ende des Biosprits, falls Menschen in Entwicklungsländern deshalb verhungern müssten.

Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe): "E10 wird nicht abgeschafft, aber Ethanol aus Brotgetreide muss durch Alternativen ersetzt werden." Auch Niebel hatte gefordert, nur die nicht essbaren Teile von Pflanzen für Kraftstoffe zu nutzen.

Der Entwicklungsminister hatte die Diskussion um den Biosprit in der vergangenen Woche entfacht, indem er einen Verkaufsstopp für E10 gefordert hatte. Nach seinen Worten steigen durch die Verwendung von Getreide für Biosprit die Lebensmittelpreise. Ein Sprecher von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) hatte dazu am Montag erklärt, Biokraftstoffe beeinflussten die Agrarpreise in eher geringerem Umfang.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Schneider, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe), wenn es zu einer Konkurrenz zwischen Tank und Teller komme, "muss man Bioenergie stoppen". Er glaube allerdings nicht, dass diese Problematik derzeit Deutschland betreffe. Der Theologe riet dazu, genau hinzuschauen, was in Deutschland verwertet werde: "Wenn es sich nämlich um Reststoffe und Abfälle handelt, finde ich das unkritisch." International gebe es aber sehr wohl Probleme. "Nahrungsmittel sind dazu da, dass Menschen davon satt werden."

Die Energie-Expertin Claudia Kemfert wandte sich gegen ein E10-Verbot. Nachhaltig produzierte Biokraftstoffe könnten sehr wohl die Ölabhängigkeit senken, sagte die Wissenschaftlerin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Dass Entwicklungsländer unter hohen Nahrungsmittelpreisen leiden, liegt an der Preisspekulation", unterstrich Kemfert. Eine verbesserte Aufsicht über die Spekulation bringe deshalb mehr als ein nationales Verbot von E10.

Ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums verwies darauf, dass die hohen Lebensmittelpreise in Entwicklungsländern eine Vielzahl von Gründen hätten. Hierzu zählten etwa die klimatischen Bedingungen, aber auch der schlechte Ausbildungsstand der Bauern oder fehlende Lagermöglichkeiten, sagte der Sprecher dem Evangelischen Pressedienst.

21. August 2012

Ernährungssicherung vor Energieerzeugung - Kriterien für die nachhaltige Nutzung von Biomasse
Eine Stellungnahme der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung, EKD-Texte 95, 2008