Prominente Christen werben für Ende der Kirchentrennung

Aufruf "Ökumene jetzt" vorgestellt

Prominente Christen werben für ein Ende der Kirchentrennung. Ihr Aufruf "Ökumene jetzt" sei ein Dokument der Ungeduld, sagen sie. Katholiken und Protestanten verbinde längst mehr als sie trenne - nur noch die Amtsinhaber seien da anderer Meinung.
Berlin (epd). Prominente Katholiken und Protestanten fordern die Überwindung der Kirchenspaltung. Sie stellten am Mittwoch in Berlin einen Appell für eine Intensivierung der Ökumene vor. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sagte, der Aufruf sei ein "Ausdruck unserer Ungeduld mit dem Zustand der ökumenischen Bemühungen". Ökumene-Experten vermissten in dem Papier dagegen konkrete Empfehlungen für die Praxis.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), ebenfalls katholisch, erklärte, die Initiative gründe in der gemeinsamen Überzeugung, dass die Trennung der Kirchen nicht länger berechtigt sei, obwohl die Unterschiede anerkannt würden. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker, früherer Präsident des Evangelischen Kirchentags, sagte, ihn freue besonders der Aufbruch der katholischen Laien. Die Amtsinhaber beider Kirchen kämen in Sachen Ökumene "nicht recht vom Fleck".

Dagegen warnte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, vor einer übereilten Kircheneinheit. "Eine Überwindung der Kirchenspaltung ist gleichwohl nicht ohne eine solide theologische Verständigung möglich", erklärte der Freiburger Erzbischof. Ökumene sei nicht eine politische Frage, sondern zunächst und vor allem eine Frage der Suche nach Gott, unterstrich Zollitsch.

Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sagte Thies Gundlach, aus evangelischer Sicht sei die Reformation noch nicht vollendet. Auf Ebene der Gemeinde sollte "alles ökumenisch Mögliche und von beiden Seiten Gewollte" nicht nur zugelassen, sondern auch bestärkt und durch gemeinsame Zeichen belebt werden, so der EKD-Vizepräsident.

Zu den mehr als 20 Erstunterzeichnern zählen neben Lammert und Thierse der Fernsehmoderator Günther Jauch, SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und sowie Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und Bundesbildungsministerin Annette Schavan (beide CDU). Von Mittwoch an können sich weitere Unterstützer dem Aufruf anschließen. Lammert sagte, er habe bereits bei den Vorbereitungen sehr viel Zustimmung erfahren.

Das Papier unter dem Titel "Ökumene jetzt - ein Gott, ein Glaube, eine Kirche" ist ein Aufruf, die historisch gewachsene Kirchenspaltung zu überwinden. Man dürfe nicht bei der Forderung stehenbleiben, dass sich die Kirchen gegenseitig anerkennen. Dieses Ziel sei wichtig, aber zu klein. Anlass des Aufrufs sind der 50. Jahrestag des Zweiten Vatikanischen Konzils im Oktober und die 500-Jahr-Feier der Reformation im Jahr 2017. Der Aufruf sei "unser Beitrag zur Luther-Dekade", sagte Lammert. Luther habe die Kirche erneuern, aber nicht spalten wollen. Das Zweite Vatikanische Konzil habe erstmals die Ökumene auf die Agenda der katholischen Kirche gesetzt.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Antje Vollmer, die zu den Erstunterzeichnern gehört, muss die gemeinsame religiöse Praxis in vielen katholischen und evangelischen Gemeinden aus der Heimlichkeit heraustreten. Dies sei ein Appell an jeden einzelnen Christen. Thierse sagte, die Initiatorengruppe habe sich bewusst gegen konkrete Forderungen entschieden. Ziel des Appells sei eine Bewegung für die Ökumene.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte den Aufruf. "Nur wenn wir als Christen eins sind, werden wir in der Welt glaubwürdig sein", sagte ZdK-Präsident Alois Glück in Bonn. Der lutherische Ökumene-Experte Friedrich Weber wertet den Appell als positives Signal, allerdings bleibe die Erklärung zu unkonkret. Die Grünen-Politikerin und Präses der Synode der evangelischen Kirche, Katrin Göring-Eckardt, reagierte zurückhaltend. Es sei gut, dass in der Öffentlichkeit stehende Menschen eine große Sehnsucht nach "einem Mehr an Gemeinsamkeit" haben, schrieb sie in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". Es müsse aber auch immer wieder daran erinnert werden, was in den vergangenen 60 Jahren ökumenisch erreicht wurde, fügte sie hinzu und plädierte für mehr Gelassenheit in der Ökumene.

05. September 2012

Ökumene-Initiative verdient Beachtung 

EKD-Pressemitteilung „Die Reformation ist noch nicht vollendet"

www.oekumene-jetzt.de